Jetzt sind sie also da, die E-Roller. Der bescheuerte Scheuer, ein Bayer in Berlin, in seinem verzweifelten Versuch “hip” zu sein, hat das Feuer gelegt, und ruft nun den Städten und Kommunen zu: “Feuer!” Im ganzen Satz: “Jetzt müsst ihr aber auch die Arbeit machen, das aufzuräumen, was ich angerichtet habe.” Ich persönlich bin zwar auch genervt, nur ein bisschen. Sind wir das nicht alle? Ich glaube, in spätestens 5 Jahren haben wir einen grossen Haufen Metallschrott, weil die nächste Mode durchs Dorf getrieben wird.
Pia Frankenberg/taz-Wahrheit hat einen Supertrick, die Rücksicht im Verkehrstrubel zu erzwingen: wer diese Entenbabies überfahrt, würde garantiert sofort gelyncht. Am besten, für jeden Scooter wird ein Wurf Entlein in der Grossstadt ausgesetzt. Ich habe mal über eine komplette Mittagspause zugesehen, wie ein in der Sonne zu-Fuss-gehender Schwan für eine mehrstündige Vollsperrung der Kennedybrücke sorgte. Es gibt so viele Möglichkeiten der Verkehrsberuhigung….
Für relevanter als die aus dem Berliner Hipsterkosmos importierten E-Roller halte ich den Architekturmüllhaufen, den die Investor*inn*en an der angeblichen früheren “Prachtmeile” Friedrichstrasse hinterlassen. Erwähnte ich schon Amazon? Ja hier. Wie wird es wohl den neuen “Schönheiten” am Hauptbahnhof ergehen? Und wenn sie überleben sollten – was bleibt dann von Remigius-, Stern- und Poststrasse? Jedes Kleinkind kann erkennen, dass quantitativer Zuwachs an Einzelhandelsflächen städtemörderisch ist.
Ich persönlich meine, dass das, was am Hauptbahnhof heranwächst, ästhetisch eindeutig weniger katastrophal ist, als der vorherige Zustand. Für die schwächliche Bonner Kommunalpolitik war es ein historisch-heroischer Akt, das alte Desaster wegzubekommen. Vielleicht wird man das Neue mal als Symbol des Unterschieds zwischen “Schwarz” und “Schwarz-Grün” sehen. Für ein “Zufriedenstellend” reicht das nicht. Denn gleichzeitig ist es eine für Jahrzehnte verschleuderte Gelegenheit, dort was Ansehnliches mit – öffentlicher! – Aufenthaltsqualität zu schaffen. Wie überall ging die Kummune und ihre Amateur-Kommunalpolitik vor Investoren in die Knie. Nur in geringem Masse eine spezifische Doofheit der handelnden Akteure, in erster Linie ist es: System.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net