Es scheint eine lesenswerte Biografie von Sahra Wagenknecht zu geben. Darauf wurde ich durch diese Besprechung von Jonas Christopher Höpken, der selbst für die Linke ein Stadtratsmandat in Oldenburg ausübt, bei den nachdenkseiten aufmerksam. Einiges wusste ich schon, z.B. die Geschichte vom abwesenden iranischen Vater. Neu, oder von mir wieder vergessen, ihr ganz spezielles, fast abhängiges Verhältnis von deutscher Literatur und besonders dem Herrn Goethe. An die Nähe zu Peter Hacks, der z.B. auch von Wiglaf Droste sehr verehrt wurde, erinnere ich mich nur so dunkel, dass es auch eine Verwechslung sein könnte.
Zwei von Höpken erwähnte Punkte kann und will ich korrigierend ergänzen.
Ich gehöre zu denen, ich weiss nicht wie Wenigen, die schon mehrere Jahre vor ihrer Veröffentlichung 2011 von der Liebesbeziehung zwischen Frau Wagenknecht und Herrn Lafontaine wussten. Vermutlich gehörte Lafontaines damalige Gattin (1993-2013) und Mutter eines 1997 geborenen Sohnes Christa Müller auch dazu. Ich habe das einerseits abgebucht, dass so halt das Leben spielt. Aber selbstverständlich drängte sich sofort die Frage auf, ob und welche politische Dynamik in dieser scheinbar privaten Beziehung stecken könnte. Ich unterstelle: wenn ich es schon erfahren konnte, über soziale Netze in den Kleinstädten Berlin und Köln, dann werden es Viele gewusst haben, auch und besonders Medien, die nach aussen diskret geschwiegen, aber nach innen natürlich mit ihrem Wissen gearbeitet haben. Ein Treibhaus, in dem gewiss auch so manche Verbitterung gewachsen ist.
Wenn ich es nun wagenknechtfreundlich betrachten will, dann hat sie sich nicht ausreichend vor Lafontaines Rassismus vorgesehen. Es kann ihr nicht entgangen sein, dass er schon als Bundesratsanführer der SPD-Bundesländer, zusammen mit dem von ihm später gewiss verlachten SPD-Chef Björn Engholm, Helmut Kohl die Hand zur Demontage des Grundrechts aus Asyl (Art. 16) im Grundgesetz gereicht hat. Jahre später (2005) “warnte” er für die Linke bewusst mit einer kontaminierten politischen Begriffswelt vor der Überschwemmung durch “Fremdarbeiter”. Alle Hoffnungen der Linken-Parteibasis, es handle sich um eine Verdrehung durch feindliche Medien oder gar einen Ausrutscher, räumte Lafontaine konsequent und geradeaus ab – bei einem derartigen Auftritt vor einem Linken-NRW-Parteitag in Essen war ich damals als Gast persönlich dabei. Ausgerechnet im Jahr dieser Rede soll laut Schneider und Höpken zwischen Wagenknecht und Lafontaine der Blitz eingeschlagen haben. Ein Versehen, eine Täuschung, kann es nicht gewesen sein.
Aus der Ferne und nur politisch betrachtet: die Liebe hat halt auch Nachteile.
Offenlegung: Björn Engholm sass in den 80ern einen sehr langen Abend, fast wie zu einem politischen “Verhör”, in der Küche meiner damaligen WG und war mir persönlich nicht unsympathisch. Heute teilen wir die Zuneigung und politische Unterstützung zur Slowfood-Bewegung und die tiefe Einsicht, dass das Leben auch schöne Seiten hat und haben muss. Am Ende treffen wir dort vielleicht noch eines Tages das hier kritisierte Liebespaar.
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