Gucken Sie noch Tour de France? Ich seit vielen Jahren nicht mehr. Doper Jan Ullrich mit der angeblich total unwissenden Telekom dahinter (Heuchlerpack!), Lance Armstrong, das hat mir gereicht. Und die schönen Frankreich-Bilder hatte ich irgendwann auch alle durch. Da ist nichts mehr interessant dran, nur bei der ARD haben sie es noch nicht gemerkt. Bei der Leichtathletik geht es mir persönlich anders. Ich sehe gerne die Frauenwettbewerbe, soweit sie nicht die Schwerathletik (Hammer-, Diskus-, Speerwerfen, Kugelstossen) betreffen; auch beim Hochsprung und den Langstrecken habe ich ästhetische Probleme mit den Hungerhaken; bei den Männern interessieren mich vorzugsweise die Staffeln. Doch der Ruin dieser eigentlich schönen und attraktiven Sportart schreitet voran.
It’s the economy, stupid. So wie das kapitalistische Wachstumsmodell ressourcen-, sozial- und ökologischblind dazu anhebt, den Planeten zu ruinieren, so leicht fällt es ihm mit so einer einstmals grossen und immer kleiner gewordenen Sportart. Unter die Räder kommen dabei junge Sportler*innen mitsamt ihren Familien, denen vorgespiegelt wird, mit sportlichen Leistungen alle materiellen Zukunftssorgen ablegen zu können, wenn sie “nur” ihr ganzes Leben und ihre ganze Persönlichkeit bereit sind an einen solventen Sponsor zu verkaufen.
Hunderttausende fussballverliebte Jugendliche sind schon unter solche Räder gekommen. Und mit den Leichtathlet*inn*en machen sie es ganz ähnlich.
Die Regionalmedien drücken krampfhaft die Daumen für die junge Frau Klosterhalfen, und können doch die Augen vor der Wirklichkeit nicht ganz verschliessen. Klartext dagegen kommt von Michael Reinsch/FAZ, der nicht nur völlig Recht hat, sondern auch auf die unternehmerische Querverbindung zwischen den Konzernen Nike und Red Bull (in erster Linie kein Dosenlimonadenverkäufer, sondern eine Marketing- und Medienmaschine mit einem faschistennahen Patriarchenboss an der Spitze) aufmerksam macht. Wenn Frau Klosterhalfen ihre Gesundheit lieb ist, hört sie mit dem Leistungssport lieber auf, und vollendet ihr Sportjournalismus-Studium – und isst sich ein bisschen Lebensfreude auf die vielen Rippen.
Nur der Vollständigkeit halber: im russischen Sport-Kapitalismus sieht es bekanntermassen ähnlich aus. Die werden ausgeschlossen, aber business must go on. Ist es das wert?
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