Diskutiert am Beispiel der Radfahrer*innen

Fahrtrichtungsanzeigen sind immer von Vorteil. Das lernt mann nicht nur in der Fahrschule, Radfahrer*innen lernen das im wahren Leben – Selbsterhaltungstrieb. Die im wahren Leben abweichende Praxis ist, dass Autofahrer*innen den Blinker setzen, wenn sie bemerken, ach du Schreck, ich bin ja mitten drin im Abbiegen. Bei LKWs ist bekannt, dass das bisweilen tödlich endet – für Menschen auf dem Fahrrad. Bei PKWs macht es meistens nur Ärger, davon aber viel.

Nun habe ich in diesem Blog schon oft genug beklagt, dass der Radverkehr zuviel wird. Der Verkehrsstress auf Radwegen hat merklich zugenommen, auf gemischten Wegen mit Fussgänger*inne*n noch viel mehr. Die vielen Neu-Radfahrer*innen fahren ganz so rücksichtslos, wie sie es vom Autofahren gewöhnt sind. Und die Kennedybrücke funktioniert dabei wie eine Bundesautobahn, oder wenigstens Bundesstrasse.

Wenn ich nun täglich auf dem Schwarzrheindorfer Rheindeich, mischgenutzt von Fahrrädern, Fussgängern, kleinen und grossen Kindern, Haustieren und einer unübersichtlichen Modellvielfalt von Rollatoren und Rollstühlen (E-Modelle von letzteren mit in Einzelfällen gewaltigen Höchstgeschwindigkeiten – ein toller Mobilitätsfortschritt für die Pilot*inn*en, aber wissen die Kleinkinder und Haustiere das?) – wenn ich also auf diesem Deich südlich nach Beuel City fahre, passiert Folgendes. Eine der kurzen Grünphasen am Überweg Kennedybrückenkopf gibt den Startschuss für mindestens ein halbes Dutzend oder mehr beräderter Fahrzeuge der eben genannten Vielfalt. Nach der langen Rotphase drücken sie befreit aufs Tempo, um den bei Rot und lärmendem Abgasausstoss aufgestauten Stress wieder abzubauen.

An der Kreuzung Professor-Neu-Allee/Kaiser-Konrad-Strasse (ein Fall für eine Umbenennung?)/Rheindeich gilt das Prinzip: wer bremst, hat Angst und verloren. Einen ausgestreckten Arm habe ich dort noch nie gesehen (ausser meinen eigenen). Als ich in der Fahrschule war (1975), wäre das noch eine Rechts-vor-Links-Kreuzung gewesen. Heute könnte sich da ein “Schutzmann”, so hiess das früher, in ein Beobachtungshäuschen setzen, wie es das in der schlechten alten Zeit mal am Bundeskanzlerplatz gegeben hat. Der könnte dann auch die illegal verkehren Vespas aus dem Verkehr ziehen, und ihnen erläutern, dass die Antriebsart für die verbotene Benutzung von Fusswegen egal ist.

Für die von der Kennedybrücke kommenden Schnell-Radfahrer*inne bleibt nun nur noch offen, wann die*der Erste von einer Motorhaube erlegt wird.

Was sagt die Forschung?

Vor der Corona-Pandemie trafen sich bei den Beueler Grünen noch echte Menschen, und nicht wie seitdem Zoom-Visagen. Seinerzeit war Dagny Schwarz zeitweise Ortsvorsitzende. Sie berichtete mir damals, sie sitze an einer Examensarbeit über “Empathie”. Ihre für mich überraschende Hypothese: sie nehme zu. Ich registriere – gefühlt – eher Abnahme, und führe viele Politikprobleme, die hier seit Jahren erörtert werden, darauf zurück. Aber wie so oft im wahren Leben dürfte es insgesamt recht widersprüchlich sein. Seitdem passierten die Coronapandemie, der Ukrainekrieg, und sowas wird heute allen Ernstes als “Diplomatie” bezeichnet.

Wenn Sie Frau Schwarz kennen oder treffen, und ihre Arbeit fertig sein sollte: ich wüsste gerne, wie es ausgegangen ist.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net