Das Champions-League-Achtelfinale für den Februar 23 wurde ausgelost. Dabei spielt WM-Gastgeber Qatar mal wieder gegen sich selbst: sein Fussballkonzern aus Paris gegen den Fussballkonzern aus dem süddeutschen Raum, der lieber seine eigenen Vereinsmitglieder brüskiert, als sein Trainingslager im WM-Land ausfallen zu lassen, oder seinen “Platinpartner” (darunter auch die Wettmafia) zu verärgern. Der qatarische Aussenminister hat sich nun in einem Interview über “Doppelmoral” verärgert geäussert (FAZ-Paywall). Das ist verständlich.
Als Angehöriger einer herrschenden Feudalkaste hat Mohammed bin Abdulrahman Al Thani Probleme mit der Analyse pluralistischer, widersprüchlicher Gesellschaften. Sowas ist im Feudalismus nicht vorgesehen. Auch nicht, dass Regierungsmitglieder öffentlich durcheinanderquatschen. Die Machtkämpfe innerhalb der grossen Al-Thani-Familie werden schliesslich auch intern ausgetragen. In der Tat ist es merkwürdig, wenn einerseits deutsche Konzernmedien gerne für ihr Publikum über mörderische Missstände auf qatarischen Baustellen berichten, andererseits aber um Medienrechte bei der Fifa-Mafia wettbieten und in Doha um Bauaufträge Schlange stehen. Nicht nur das: sie machen auch jederzeit Kratzfüsse vor qatariscem Kapital, und betteln um Öl und Gas. Das findet nicht nur Herr Al Thani heuchlerisch.
Kritik, die ernstgenommen werden will, muss differenzieren können.
1. Feudalismus ist keine akzeptable Staats- und Regierungsform. Nirgends, in keiner “Kultur”. Auch Araber*innen (ägyptische + pakistanische, nepalesische Wanderarbeiter – und sogar Frauen!) lieben bürgerliche Menschen- und Freiheitsrechte, egal an welchen Gott sie glauben.
2. Kapitalismus ist ein bekämpfenswertes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem – ob in Deutschland oder Qatar ist egal.
3. Fussball ist in seiner Entstehung ein Sport, ein Spiel, von dem man*frau vorher nicht weiss, wie es ausgeht. Wer diese Eigenschaft dieses Sports bekämpfen will, auch und gerade, wenn er es mit unbegrenzt viel Geld versucht und “Planungssicherheit” fordert – ist ein Feind dieses Sports, und wird von seinen Fans gehasst. Ob es ein weisser Schweizer mit qatarischem Wohnsitz, ein spanischer Baukonzern-Hauptaktionär oder ein derangierter ehemaliger deutscher Nationalspieler ist, ist für diesen berechtigten Hass komplett egal.
4. Auch jede dieser Hassfiguren besitzt die elementaren Menschen- und Freiheitsrechte. Niemand von ihnen hat den Tod verdient – aber eben auch kein Wahlamt irgendwo im Fussball.
5. Sie Herr Al Thani und ihr Clan haben erfolgreich bei der Fifa diese WM gekauft. Deswegen, nicht wegen Allah, nicht weil Sie Araber sind, müssen Sie jetzt #boycottqatar2022 aushalten. Das ist Teil des Deals. Niemand hat Sie dazu gezwungen.
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