Staus und Parkplatznot

Ein – noch – relevantes Medium in Bonn hat entdeckt, dass es auch in unserer Stadt Kräfte und Interessen gibt, die sich mit Händen und Füssen gegen eine Verkehrswende wehren. Beliebter Popanz seit Jahrhunderten sind die Radfahrer*innen. Viele Einzelhändler*innen und noch mehr ihre Lobbyverbände, ahnen bis heute nicht, welche Kaufkraft die mitbringen. Fast jedes Bundesland mit Tourismuswirtschaft weiss davon. Aber in Bonn dauert sowas … Es ging der Stadt so lange so gut. Warum irgendwas ändern?

Nun also soll ein Zweirichtungs-Radweg an der Uni herbeiführen, was Amazon, René Benko und die Immobilienspekulation längst geschafft haben: den Untergang der City, Tja, was sagt frau*man dazu im 21. Jahrhundert? Weil mir dazu nichts mehr einfällt, und dieser provinzielle Stuss mir schon lange an einem Körperteil vorbeigeht, schlage ich Ihnen die Lektüre dieser kurzen Reportage aus Dänemark vor, aus einer Stadt, die gerade mal doppelt so gross wie Bonn, also noch kleiner als Köln ist:

Jens Mattern/overton: Kopenhagen: Kampf und Krampf um das Fahrrad in der ‘besten Fahrradstadt der Welt’ – U-Bahn- oder Fahrradfahren im Winter? Diese Frage ist zu einem Ärgernis in Kopenhagen geworden.”

Ich frage mich oft, ob ich in meinem Alter (66) vergleichbare Zustände in Bonn noch erleben werde. Der Veränderungsunwille hat ja auch Vorteile: wenn die Welt untergeht, geht sie hier 50 Jahre später unter. Und andersherum betrachtet: Fahrradstaus gibts schon längst, auf der Kennedybrücke täglich, und an den Rheinufern an allen regenfreien Tagen über 10 Grad. Auch Parkplatznot lässt sich mit einfachen Mitteln herstellen: durch Seinlassen, indem keine akzeptablen Abstellanlagen aufgestellt werden, vor jeder Ladentür zwei SUVs parken und die Wege verstellen.

In Bonn regieren die Grünen (OB + stärkste Fraktion) jetzt schon zwei Jahre (mit SPD, Linkspartei, Volt), und schaffen es noch nicht mal, einen gesperrten Fussgängerüberweg wieder zu öffnen. Dabei lassen sie sich von den gleichen Stadtwerken an der Nase herumführen, statt wie es die Kommunalverfassung vorsehen würde, umgekehrt.

Gewöhnen wir uns also an alles, wie wir es seit Jahrhunderten tun. Es geht uns ja in Wirklichkeit gut in Beuel. Fahren Sie nur mal nach Köln, wenn Sie das nicht glauben. Und wenn da mal wieder eine Bahn hinfährt …

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net