Um nicht zu schimpfen, lieber Lob für hervorzuhebende Einzelfälle. Der Kollege Glenn Jäger/Junge Welt setzt seine stark geraffte aber immerhin kontinuierliche Berichterstattung über den Africa- und den Asien-Cup im Fussball der Jungs fort. Und Überraschung! In der FAZ ist von Olaf Jansen sogar der Anflug einer Analyse erschienen (mit Firefox war das heute morgen paywallfrei): In der Hitze des Südens scheitern die Favoriten – Algerien? Raus. Tunesien? Raus. Marokko? Auch raus. Bei der Afrikameisterschaft in der heißen Elfenbeinküste enttäuschen vor allem die Teams aus dem Norden des Kontinents. Doch mancher Coup hat andere Gründe.”

Eurozentristischer und/oder nationaler Blick auf die Welt stellt sich selbst ein Bein. Er macht dumm. Auch die Politik. Die Kollegen von “German Foreign Policy” machen das heute deutlich (es verschwindet allerdings in ein paar Tagen in einem Paywallarchiv, damit möglichst viele dumm bleiben): Eine Schneise der Verwüstung – Deutschlands Position zum Krieg im Gazastreifen stürzt Berlins Vorfeldorganisationen in der arabischen Welt in ernste Probleme. Menschenrechtler wenden sich ab, 75 Prozent stufen die deutsche Politik als ‘negativ’ ein.”

Ob es die Menschen in diesen Ländern milder stimmt, wenn deutsche Kaufhäuser ihre Rettung bei asiatischen Milliardärsclans suchen, deren Konzernorganisation genauestens europäischen Mafia-Prinzipien entspricht? Das Geschäftsmodell des Chirathivat-Clans basiert offenbar darauf, eine ganze Innenstadt als privaten geschlossenen Raum zu bauen und zu betreiben. Mit dem europäischen Stadtmodell, dessen tragende Säulen Öffentlichkeit und Vielfalt sind, hat das nichts zu tun. Es ist das Gegenteil. Kein Wunder. In Thailand regiert eine Militärdiktatur. Funktionieren tuen solche Modelle in den arabischen Feudaldiktaturen – dort lieben die Herrschenden das, weil es so wunderbar kontrollierbar ist – und selbstverständlich ihre Bereicherung aufs wohlgefälligste steigert. Vorsorglich schmeisst sich der Deutsche Fussballbund mit seinem sozialdemokratischen Vorsitzenden schon mal an den solventen Saud-Clan ran. Wer weiss, wofür dessen Todesstrafen- und Knochensäge-Expertise noch mal nützlich ist … Am Ende ist alles Werteleitung – Kapitalwerte.

Sehr erhellend ist für mich auch der Text meines Freundes Peter Wahl/telepolis zum weitgehend unbekannten europapolitischen Teil des Europawahlprogramms von BSW: BSW zur EU: Wagenknecht-Partei fordert Ende der europäischen Illusionen – Medien legen bei Wagenknecht-Bündnis Fokus auf Innenpolitik. Ein Detail des EU-Wahlprogramms bleibt unterbelichtet. Warum sich der Blick auf die EU-Pläne lohnt.” Peters Zuneigung/Projektion auf diese Partei teile ich nicht. Schlimmer, als eine Kritik von mir wirken könnte, ist freilich das Foto, das mutmasslich die telepolis-Redaktion zur Dekoration seines Textes ausgewählt hat, und das offenbar die Partei selbst so auf ihrer Parteitagsbühne gestellt hat. Die Macht der Bilder. Frauen sind eben auch nur eine woke Minderheit unter den Wagenknecht-Cheerleadern …

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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