Ein alter marxistischer Glaubenssatz besagte, Technik sei nie gut oder schlecht, entscheidend seien die Herrschaftsverhältnisse, die regeln, wer wie über sie verfüge. Spätestens mit Tschernobyl 1985 musste das durch die Erkenntnis ergänzt werden: wenn die Menschen über Mittel verfügen, die Technik unter Kontrolle zu behalten, und sich dieses Verhältnis nicht umzudrehen droht.
Während um die Gentechnik immer noch politisch gekämpft wird, ist das bei der Digitalisierung wohl schon verschüttete Milch. Umso mehr muss um die Macht über sie politisch gekämpft werden. Dazu gibt es zwei Ebenen, zu denen jüngst kluge Texte erschienen.
Rene Arnsburg nimmt auf Telepolis den Mythos der Industrie 4.0 auseinander. Aus seiner Sicht ist der Begriff Werbesprech und richtet sich in erster Linie an technisch unwissende reiche Investoren. Die meisten Techniken, die dieser Begriff zusammen zu fassen versucht, seien Jahrzehnte alt, und werden zu einem neuen ideologischen Konzept, oder besser: Gerede, verknüpft. Auch die gesellschaftspolitischen Probleme der Rationalisierung, Arbeitsplatzvernichtung, Ungleichverteilung des Reichtums etc. seien schon lange virulent, und werden es, nicht abnehmend sondern zunehmend, bleiben.
Als Ergänzung dazu passt ein Vorbericht zum Technology Review aus dem gleichen Verlagshaus, in dem der Glaube, Afrika könne die Phase der Industrialisierung “überspringen” als naive Schönrednerei gesehen wird. Was der Kontinent brauche seien Jobs. Und davon gibt es – noch – bei General Motors mehr als bei Alphabet/Google.
Das sieht Zeynep Tufekci nach einem Bericht von Netzpolitik.org offensichtlich ähnlich. Sie verlangt nicht weniger, als die aktuellen Geschäftsmodelle der digitalen Milliardäre einer demokratischen Disruption zu unterziehen: Transparenz der Algorithmen und Daten, politische Regulierung und Kontrolle. Wenn wir es so laufen lassen, wie es läuft, sei die Demokratie in absehbarer Zeit am Ende.
Haben Sie irgendwas gehört, dass sich die Berliner Koalitionsverhandlungen damit beschäftigen?
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