Beueler-Extradienst

Meldungen und Meinungen aus Beuel und der Welt

Autor: Bettina Gaus (Seite 1 von 7)

Abschließende Gedanken über „Macht“

Mit diesem Text verabschiedet sich Bettina Gaus von der taz. Noch einmal widmet sie sich jenem Thema, das sie bewegt, seitdem sie in den 90er Jahren als Korrespondentin in Afrika arbeitete
Seit 30 Jahren arbeite ich für die taz, seit mehr als 10 Jahren schreibe ich die Kolumne unter der Überschrift „Macht“. Diese wird die letzte sein. Ende des Monats verlasse ich die Zeitung.

Mein vorherrschendes Gefühl ist Dankbarkeit. Drei Jahrzehnte lang habe ich tun können, was ich tun wollte, und ich durfte es stets zu den Bedingungen tun, die ich mir wünschte. Ein großes Glück. Ich würde gerne glauben, dass das nur etwas mit Freiheit zu tun hat und gar nichts mit Macht. Wäre gut fürs Selbstbild. Weiterlesen

Ein Völkermord geschieht

Die Lage der Rohingya müsste gerade in diesen Tagen ein wichtiges Thema sein, in denen zu Recht oft und viel über den blutigen Militärputsch in Myanmar berichtet wird. Ist sie aber nicht
Ein Ausweis ist eine wunderbare Sache. Wie viele Rechte damit verbunden sind, stellt sich erst heraus, wenn jemandem oder gar einer ganzen Bevölkerungsgruppe das Dokument vorenthalten oder entzogen wird. Wie zum Beispiel den Rohingya.

Rohingya? Ich vermute, dass den meisten von Ihnen der Name etwas sagt – und Sie spontan dennoch nicht wissen, wo sie ihn unterbringen sollen. Das ist aufschlussreich. Denn eigentlich müsste die Lage der Rohingya gerade in diesen Tagen ein wichtiges Thema sein, in denen zu Recht oft und viel über den blutigen Militärputsch in Myanmar berichtet wird. Ist sie aber nicht. Was unter anderem daran liegt, dass viele von ihnen – nun ja, eben keinen Ausweis haben. Weiterlesen

Das eigene Haus mit Garten

In einer Demokratie widerfährt der Opposition meist nichts Böses. Außer eben in Wahlkämpfen – und dann reagiert sie oft verdattert. So wie Anton Hofreiter von den Grünen, nachdem er sich zu Eigenheimen äußerte
In Wahlkämpfen wird mit unfairen Mitteln gekämpft, oft polemisch, manchmal demagogisch. Das ist nicht nett, derlei ist nie nett. Es wäre kleidsamer – auch erfreulicher für das Publikum –, wenn alle Beteiligten sich sachlich austauschten. Aber wer sich in bestimmte Situationen begibt, sollte wissen, worauf er oder sie sich einlässt. Gerade in der Politik.

Dort geht es um Existenzen, um Macht, manchmal – gar nicht so selten – um Leben und Tod, um sehr viel Geld. Da wird gelogen, verleumdet, betrogen, gedroht. Das gehört zum Alltagsgeschäft.

Mit Politikverachtung hat das nichts zu tun. Im Gegenteil. Ich bewundere alle, die das aushalten und halbwegs integer bleiben. Weiterlesen

Von langer Hand

Der Sturm auf den US-Kongress war nicht spontan. Das Impeachment-Verfahren zeigt, dass Trump wochenlang auf die Proteste an dem Tag hinarbeitete.
Das Impeachment-Verfahren gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump hat einen erstaunlichen Verlauf genommen. Eigentlich hätte man vermuten können, der Neuigkeitswert werde gegen null tendieren. Worum es gehen sollte, war seit Wochen bekannt, ebenso wie die Tatsache, dass die Demokraten eine Verurteilung wünschten und die Mehrheit der Republikaner das ablehnte. Und dennoch ist bei dem Prozess viel mehr herausgekommen, als im Vorfeld anzunehmen war. Weiterlesen

Früher Grundrecht, heute Privileg

Geimpft oder nicht geimpft? Mit dem Kammerton der Moral tut sich die politische Klasse gerade schwer
Die Sprache in der Zeit der Pandemie ist demagogisch. Die Politik in der Zeit der Pandemie ist verlogen, ratlos, scheinheilig. Das ist keine gute Mischung. Die Folgen werden nachhaltig sein. Und weiter reichen, als wir uns das jetzt vorstellen können.
Keine „Privilegien“ für Geimpfte: das war über Tage hinweg die Losung der Bundesregierung. Früher hieß Grundrecht, was heute Privileg heißt. Die Wortwahl war clever. „Privileg“: das ruft sofort blanken Zorn bei allen hervor, die nicht privilegiert sind. Gegen „Privilegien“ sind wir alle. Immer. Weiterlesen

Und der Langeweile zugewandt

Das Ende des Spektakels – Trump ist weg, Biden und Laschet sind da. Sieht so aus, als ob wir uns wieder ernsthaft mit dem beschäftigen müssen, was diese Politiker sagen.
Die Erleichterung darüber, dass Donald Trump nun endlich weg ist, lässt allmählich nach. Die über die Niederlage von Friedrich Merz im Kampf um den CDU-Vorsitz ist schon länger verflogen. Und nun sitze ich da mit meinen erfüllten Wünschen und schaue einer trüben Zukunft ins Gesicht. Einer Zukunft, in der ich lernen muss, mich ernsthaft für Nachrichten zu interessieren, in denen es um Joe Biden und Armin Laschet geht. Weiterlesen

Keine Rückkehr zur Normalität

Zurück zur alten Überheblichkeit darf es nicht gehen. Aber es wäre schon was, wenn es Biden gelingt, den Rassismus etwas weniger akzeptabel zu machen.
Die USA haben einen neuen Präsidenten. Endlich. Endlich. Länger schien eine Übergangsphase noch nie gedauert zu haben. Dem Vorgänger haben alle Versuche, sich im Amt festzukrallen, nichts genutzt. Am Ende war es, als ob aus einem Ballon die Luft herausgelassen worden wäre – müde pfeifend, nicht etwa mit einem Knall. Es war einfach nicht mehr interessant, was Donald Trump noch zu sagen hatte. There is a new sheriff in town, die Stadt hat einen neuen Sheriff. Joe Biden.

Mit ihm tauchen plötzlich fast vergessene Begriffe wieder aus der Versenkung auf, schöne Begriffe. Würde. Freiheit. Respekt. Und, natürlich: Demokratie. Weiterlesen

Systemwechsel statt Bürgerkrieg

Der Rechtsruck bei den US-Republikanern hat nicht mit Donald Trump begonnen. Ein Klima der Einschüchterung prägt die Partei
Je dramatischer die Worte, desto tiefer die Erschütterung. Der Wunsch, diesen Eindruck zu erwecken, hat schon zu vielen sprachlichen Fehlgriffen geführt. Wie sich derzeit am Beispiel der USA zeigt. Ob Bürgerkrieg, Aufstand oder Putsch: Kein Begriff schien in den letzten Tagen zu vollmundig, um die Lage dort zu beschreiben – in Kommentaren und Moderationen innerhalb und außerhalb des Landes. Falsch sind diese Begriffe allesamt. Weiterlesen

Politische Gewalt hört nicht einfach auf

Was bedeuten die Ereignisse von Washington eigentlich für Joe Biden? Es ist mehr als fraglich, ob er als Präsident seinen Kurs der nationalen Versöhnung weiter fahren kann
Diskutiert wird derzeit – wieder einmal – über den noch immer amtierenden US-Präsidenten Donald Trump, dieses Mal über den Anteil an Schuld, den er an dem Angriff eines Mobs auf das Kapitol in Washington trägt. Ich finde, salopp gesagt, er gehört hinter Gitter, aber mehr will ich darüber jetzt nicht schreiben. Genug ist genug. Ein anderes Thema halte ich inzwischen nämlich für sehr viel wichtiger: was die Ereignisse für Joe Biden bedeuten. Weiterlesen

Tagsüber bitte mehr Haltung

Angst und Sorgen wegen der Ausbreitung des Coronavirus kann man durchaus haben. Aber wenn Panik Einfluss auf politisches Handeln bekommt, dann ist das problematisch
Das mit dem mutierten Virus sei doch nur ein leicht durchschaubarer Vorwand, mailt ein Freund aus London. Boris Johnson habe gemerkt, dass es ein Fehler war, sich nicht an Empfehlungen der Wissenschaft zu halten und den Lockdown in Großbritannien schon früher verschärft zu haben. Nun bräuchte er einfach eine halbwegs überzeugende Begründung für seinen scharfen Kurswechsel. Die Mutation sei für ihn enorm praktisch. Weiterlesen

Ich bin kein Ichling

Kennen Sie wirklich jemanden, der heimlich zu Coronapartys geht? Moralische Anklagen und Ermahnungen sind jedenfalls ungeeignet, um eine Pandemie in den Griff zu bekommen
Ich habe es satt, beschimpft zu werden. Interesse an meinem Leben? Es spielt sich derzeit weitgehend zwischen der Annahme von Onlinebestellungen und meinem Schreibtisch ab. Also ziemlich risikolos. Mein Terminkalender ruht in einer Schublade. Die wenigen Daten, die ich darin eintragen müsste, kann ich mir auch so merken.

Heute habe ich zum ersten Mal in meiner eigenen Wohnung eine Maske getragen. Als ein Handwerker kam. Noch vor wenigen Monaten habe ich Masken für blödsinnig gehalten. Es ist ja möglich, dazuzulernen. Weiterlesen

Fast wie bei Monopoly

Das Begnadigungsrecht ist eine Verbeugung des Staats vor der Humanität. Es überrascht nicht, dass Donald Trump es nun im Fall Flynn missbraucht. Aber könnte er sich tatsächlich selbst vor einer Verurteilung retten?
Getümmel, Getümmel, Eilmeldungen. Alle höchst dramatisch – und sehr erwartbar. Demokraten in den USA sind empört, zumindest einige Republikaner sind begeistert. Der noch amtierende US-Präsident Donald Trump hat seinen ehemaligen Sicherheitsberater Michael Flynn begnadigt. Der war in die Russland-Affäre verwickelt und könnte vielleicht noch einiges erzählen, was für Trump unangenehm wäre. Von Machtmissbrauch bis zu Rehabilitierung eines Helden reichen die Reaktionen. Die Grundsatzfragen hinter dem Konflikt sind jedoch interessanter als eilige Pressemitteilungen. Weiterlesen

Überhebliche Staaten von Amerika

Ein Ton hat sich eingeschlichen in Bewertung und Kommentierung der Wahl in den USA, der missfällt. Eine Ermahnung, auch an den künftigen Präsidenten Joe Biden
Seit Tagen sitze ich wie festgeklebt vor CNN. Immer häufiger zucke ich jedoch zusammen, weil sich da ein Ton einschleicht, den ich jahrzehntelang nur zu gut kannte, inzwischen aber fast vergessen hatte. Und den ich noch nie ertragen konnte.

Wie ausgerechnet der Außenminister so etwas sagen könne, empörte sich eine Moderatorin nach der Äußerung von Mike Pompeo, es werde einen reibungslosen Übergang zu einer zweiten Amtszeit von Trump geben. Die Journalistin war fassungslos. Schließlich gehöre es zu den Aufgaben des Außenministers, andere Staaten zum Re­spekt vor Wahlergebnissen zu ermahnen. Weiterlesen

Tief Luft holen

US-Präsident Trump erschüttert den Glauben an das demokratische System. Das größere Problem: Ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung applaudiert ihm.
Wie auch immer die Präsidentschaftswahl in den USA am Ende ausgehen wird, etwas steht jetzt schon fest: Wer in der Meinungsforschung beschäftigt ist, sollte einen Berufswechsel ins Auge fassen. Jede Kristallkugel ist zuverlässiger als diese Branche. Einmal kann eine katastrophale Fehleinschätzung wie die von 2016 verziehen werden, als ein Sieg von Hillary Clinton sicher zu sein schien. Sobald es aber ein zweites Mal passiert, Weiterlesen

Swing States

Trumps Wackelkandidaten – Die Südstaaten Georgia und North Carolina sind eigentlich fest in republikanischer Hand
Wie immer Donald Trump sich das Ende seines Wahlkampfs auch vorgestellt haben mag: Dass ausgerechnet Georgia und North Carolina zu den letzten Schauplätzen seiner Kundgebungen gehören würden, hat er noch vor wenigen Monaten wohl kaum für möglich gehalten. Die beiden Südstaaten gelten nämlich eigentlich nicht als Swing States. Seit Jahrzehnten waren sie (ziemlich) fest in der Hand der Republikaner. Aber in diesem Jahr kann sich das ändern. Und deshalb stehen sie zwar nicht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit wie Florida oder Pennsylvania, können aber überraschend zu den berühmten Zünglein an der Waage werden. Weiterlesen

Frohes Fest schon mal

Jetzt schon über Weihnachten reden? Wie im Brennglas zeigt diese Diskussion die Hilflosigkeit der politischen Führungsspitze angesichts Corona – und wie wenig Vertrauen sie in die Bevölkerung hat
Fröhliche Weihnachten! Verfrüht? Nein. Die Geschäfte sollen wir stürmen, jetzt schon, ganz schnell und viele, viele Geschenke kaufen, denn der Einzelhandel leidet. Die Aufforderung ist ein mutiger Schritt in die richtige Richtung, greift aber zu kurz. Wenn schon, denn schon. Es ließen sich doch gewiss bereits einige Osterüberraschungen finden. Es kommt nur auf den Willen an.

Wie im Brennglas zeigt sich beim Thema Weihnachten die Hilflosigkeit der politischen Führungsspitze Weiterlesen

Der Mensch an den Stellschrauben

Lange war ich überzeugt, dass Strukturen und nicht Personen entscheidend sind für den Fortgang der Geschichte. Derzeit aber wünschte ich mir, dass ich an der Wahl für den CDU-Vorsitz teilnehmen könnte
Noch nie habe ich bisher heftige Gefühle bei der Frage entwickelt, wer den Vorsitz der CDU übernimmt. Warum auch? Personalfragen in Organisationen, denen ich distanziert gegenüberstehe, mögen mich inte­ressieren – aber Leidenschaft entsteht da bei mir im Regelfall nicht. Ich fiebere ja auch nicht mit, wenn Machtfragen bei Springer oder Daimler entschieden werden. Zu meiner eigenen Überraschung ist das aber in diesem Jahr beim CDU-Vorsitz anders. Weiterlesen

Die Liebe zum Land

… aber ganz billig – Die Steueraffäre von US-Präsident Trump mag nicht überraschend sein, aber interessant ist sie schon. Und das gleich mehrfach
Wenn etwas quakt wie eine Ente und watschelt wie eine Ente, dann liegt der Verdacht nahe, dass es eine Ente ist. Wenn jemand auftritt wie ein Gangster und ein Wertesystem vertritt wie ein Gangster, dann – ja, genau. Überraschend ist die Steueraffäre von US-Präsident Donald Trump also nicht. Aber in mehrfacher Hinsicht trotzdem interessant.

Wenn irgendetwas an den Enthüllungen der New York Times stimmt – und die Dementis klingen seltsam matt –, dann ist Trump entweder ein Steuerbetrüger in großem Stil oder ein spektakulär erfolgloser Geschäftsmann, dem es in erstaunlicher Weise gelungen ist, das beträchtliche väterliche Erbe durchzubringen. Oder beides. Weiterlesen

Der Traum ist aus

Wahlkampf in den USA – Die US-Demokraten haben früher den amerikanischen Aufstiegsmythos in die Wirklichkeit übersetzt. Das entpuppt sich immer mehr als Illusion.
Kaum je waren sich so viele Deutsche in politischer Hinsicht so einig wie in ihrer Ablehnung von Donald Trump. Entgeistert nehmen sie zur Kenntnis, dass der Ausgang der kommenden Wahlen in den USA offen ist, obwohl der republikanische Präsident dreist lügt und die Spaltung der Gesellschaft befördert.

Wie kann es sein, dass der Kern seiner Anhängerschaft – immerhin rund 40 Prozent der Wahlberechtigten – unbeirrt in Treue zu ihm steht? Seine Gegnerinnen und Gegner, also die Demokraten, müssen ziemlich viel falsch gemacht haben. Aber was genau? Weiterlesen

Die leisen Sätze des Wolfgang Schäuble

Der Bundestagspräsident kritisiert die politische Klasse mitunter scharf, erst kürzlich wieder. Da attestierte er dem Westen einen Glaubwürdigkeitsverlust. Man sollte genauer hinhören und darüber reden
Der Westen befände sich mit seinem Wertesystem in der Krise, „nach innen und nach außen“, erklärte Wolfgang Schäuble vor einigen Tagen im Rahmen einer Buchvorstellung. Er habe einen Glaubwürdigkeitsverlust erlitten, weil er dieses Wertesystem immer weniger als „Selbstverpflichtung“ verstehe. Schäuble sagte diese Sätze leise, fast beiläufig. Dabei ist schärfere Kritik an der politischen Klasse von einem ihrer führenden Repräsentanten kaum je geäußert worden. Es ist der Bundestagspräsident der das sagte, Mitglied der größten Regierungspartei. Weiterlesen

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