Beueler-Extradienst

Meldungen und Meinungen aus Beuel und der Welt

Schlagwort: Kunst (Seite 2 von 6)

Kunst mit Badehose und Ketchup

Ein schimmelndes Croissant auf einem Klumpen blassroter Johannisbeeren, darunter braune Erde. Grashalme ragen aus dem schwiemeligen Grund in dem kleinen Kubus auf einer weißen Säule, von den Glaswänden rinnt Kondenswasser.

„Wardscher Kasten“ hat die Künstlerin Isa Melsheimer ihre Installation genannt, die ein paar hungrige Besucher auf der Terrasse des kleinen Imbisses im Berliner Sommerbad Humboldthain ratlos beäugen. Weiterlesen

Zeitreise

Zwischen Sozialstudie und intimer Introspektion: In Hamburg, Köln und Berlin fotografierte Ergun Çağatay türkisch-deutsches Leben 1990. Das Museum Europäischer Kulturen zeigt jetzt seine Bilder

„Weg mit dem rassistisch-sexistischen Ausländergesetz.“ Eine Phalanx von sieben Frauen trägt ein Banner mit diesem Slogan vor sich her, hinter ihr strömen Menschen zu einer Demonstration. Wären da nicht die Kleider und Frisuren, man hielte das Schwarz-Weiß-Foto für eine aktuelle Protest-Aufnahme.

Aufgenommen hat es Ergun Çağatay am 31. März 1990 in der Rostocker Straße in Hamburg, St. Georg. Weiterlesen

Schlammloch auslöffeln

Was Gutes aus dem documenta-Skandal erwachsen kann

Ein Schweinsgesicht mit Davidsstern. Eine Visage mit Schläfenlocken, Reißzähnen und SS-Runen. Es ist richtig, dass das Werk „People’s Justice“ der indonesischen Künstler:innengruppe Taring Padi auf der documenta abgehängt wurde.

Antisemitismus ist keine „kulturspezifische Erfahrung“, wie das Kollektiv sich verteidigte. Antisemitismus ist ein globales Übel. Er ist immer und überall zu verurteilen, nirgendwo darf ihm ein Podium geboten werden. Weiterlesen

Es war eine Revolution

In der Ausstellung „Die Form der Freiheit“ rollt das Museum Barberini in ganz großem Maßstab die Geschichte der Abstraktion nach dem Zweiten Weltkrieg auf

„Wir sind aufgewachsen im Nichts, in einer kulturellen und moralischen Wüste. Malen! Ich versuche zu malen, ich habe mir in den Kopf gesetzt, ein guter Maler zu werden, ist das nicht Wahnsinn nach allem, was geschehen ist?“ Nach dem Zweiten Weltkrieg war Winfred Gaul, der Autor des Zitats, verzweifelt. 1928 in Düsseldorf geboren, musste er noch 1944 als 16-Jähriger an die Ostfront. Nach dem Kunststudium schloss er sich 1955 der Künstlerbewegung Informel an, dem europäischen „Zweig“ der Abstraktion. Weiterlesen

Die nicht die Freiheit wollen

Ist der Faschismus zurück? Paul Mason zufolge schon. Er ent­wickelt ein düsteres Szenario, eine Theorie liefert er jedoch nicht

Der Faschismus als „terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“. – Wenn es um den Faschismus geht, tragen seine Gegner bis heute immer noch die berüchtigte „Dimitroff-Formel“ vor sich her.

Mit ehernen Gewissheiten wie der, die der legendäre bulgarische Kommunist einst für die Kommunistische Interna­tionale formulierte, hat Paul Mason seine Probleme. Zwar fürchtet auch der langjährige Guardian-Autor die Wiederkehr eines Gespenstes. „Der Faschismus ist zurück“, konstatiert der britische Journalist, Marxist und Aktivist, Jahrgang 1960, in seinem jüngsten Buch. Doch er will auf ein neues Verständnis der Triebkräfte des Faschismus hinaus. Weiterlesen

Richtig oder falsch

Da ist sie wieder, die seit dem alten Griechenland diskutierte Frage, ob es einen gerechten Krieg gibt. Einfacher ist die Frage nach einem gerechten Frieden. Obwohl dies oft auch nicht zu einem eindeutigen Ergebnis führt. Aktuell steht zur Debatte, ob Deutschland schwere Waffen an die Ukraine liefern soll. Roland Appel hat dazu einen sehr persönlichen und sehr nachdenklichen Beitrag geliefert.

Natürlich gibt es keinen gerechten Krieg, denn in jedem Krieg geht es um das Töten. Getötet wird nicht der Gegner, sondern ein Mensch. Wie das aussieht, können wir gerade aus sicherer (?) Distanz stündlich miterleben. Weiterlesen

Nur einmal blitzt Hoffnung auf

Dreimal reiste Andreas Rost nach Afghanistan. Seine Fotografien des Alltags dort zeigt er jetzt im Haus am Kleistpark

„Deutschlands Sicherheit wird auch am Hindukusch verteidigt.“ Der Spruch, der Bundesverteidigungsminister Peter Struck 2004 berühmt machte, kennzeichnet den Umgang mit dieser Region. Im Westen wird das gebirgige Reich in Zentral­asien meist als globalstrategisches Faustpfand gesehen. Zbigniew Brzezinski, der Sicherheitsberater des ehemaligen US-Präsidenten Jimmy CARTEr, ließ sich Anfang der 1980er Jahre gar demonstrativ mit einer Kalaschnikow am Khyber-Pass ablichten. Weiterlesen

Amma Baad – was danach kommt

Zeitgenössisches Marketing oder ein echter Wandel durch Kultur? Saudi-Arabien setzt zum Quantensprung in die zeitgenössische Kunst an. Eindrücke einer Rundreise durch die Kunstwelt auf der Arabischen Halbinsel

Eine silbern schimmernde Lache am Ende des Horizonts mitten in der rostroten Wüste, 400 Kilometer nordwestlich von Medina. Von Weitem ist es nicht genau zu erkennen: Liegt da ein See oder spiegelt es bloß in der flirrenden Hitze? „Geography of Hope“, die Arbeit des Künstlers Abdullah Al Othman, funktioniert nach dem Fata-Morgana-Prinzip. Weiterlesen

Rock’n’Roll und Architektur

Der US-Konzeptkünstler und Fotograf Dan Graham ist am Samstag in New York gestorben. Seine Rauminstallationen machten ihn weltberühmt.
Zwei rechteckige, gegeneinander versetzte Quader aus grünsilbrigem Glas, die Kanten mit glänzenden Stahlträgern eingefasst, die Scheiben goldeloxiert. Auf den ersten Blick würde man das „Café Bravo“, das Café im Hof der Berliner Kunstwerke (KW), für das typische Hipster-Café halten, zu dem es qua Publikum oft tatsächlich wird. Seine Wände taugen so schön für Selfies, reflektieren den Himmel. Weiterlesen

Die fremde Macht

Der Philosoph Markus Gabriel sieht eine Allgegenwärtigkeit von Kunst
Ausbeutung des Elends – Überfällige Warnung. Als Ai Weiwei vor ein paar Jahren die Steinsäulen des Berliner Konzerthauses mit Hunderten orangefarbenen Rettungswesten umhüllte, war das Geschrei groß. Es muss schon jemand sehr von der Macht der Kunst überzeugt sein, wenn er das Schicksal der Mittelmeerflüchtlinge mit einer Installation wenden will.

Wenn Markus Gabriel der „Macht der Kunst“ nun ein eigenes Bändchen widmet, geht es ihm nicht um die von dem chinesischen Künstler strapazierte Rolle der Kunst als politisches Werkzeug. Weiterlesen

Bilder kommen vor der Sprache

Die Digitalisierung des Kunstfeldes stellt Kunst und Künst­le­r:in­nen vor ganz neue Herausforderungen. Robert Fleck beschreibt den Weg der Kunst ins 21. Jahrhundert
Hat die Kunst eine Zukunft? Kunstbetriebsfloskeln wie diese sind mit Vorsicht zu genießen. Zerfällt doch die Entität, die damit beschworen wird, bei näherem Hinsehen in hunderttausende Individuen, die nicht mehr unter eine Begriffshaube zu bringen sind. Und ihre Nonkonformität hochhalten. Wer wollte dieser Avantgarde des Eigensinns etwas raten oder gar prophezeien? Weiterlesen

Unter totaler Kontrolle

Als Juso war er einst unberechenbar, als Neukanzler zeigt er sich glatt geschliffen und floskelbewehrt. Über die Metamorphose des Olaf Scholz
Der Lockenschopf. Das war früher das Erkennungszeichen von Olaf Scholz. Wann immer der freche Juso aus Hamburg im Bundesvorstand der SPD-Jugendorganisation oder auf ihren hitzigen Bundesdelegiertenversammlungen auftauchte, war er schnell zu erkennen an seiner verwuschelten Haartracht. Die irgendwie auch ein Symbol für seine politische Unberechenbarkeit war. Und für die verschlungenen Wege, die er einschlug, um an sein politisches Ziel zu kommen. Weiterlesen

Diriyah-Biennale

Das Erfolgskonzept der Kunstwelt – jetzt auch in Saudi-Arabien
Lassen sich mit Biennalen Gerechtigkeit und Demokratie befördern? Sieht man einmal von dem Kunstmessen-Abkömmling Venedig ab, befeuert diese geheime Hoffnung die rapide Biennalisierung der zeitgenössischen Kunstwelt in den letzten Jahren von Gwangju bis Istanbul. Soll man jetzt auf Saudi-Arabien setzen? Dort startete am Wochenende die erste Ausgabe dieses Erfolgsformats in der Hauptstadt Riad.

Diriyah-Biennale nennt sich diese Premiere nach einem für seine traditionellen Lehmbauten bekannten Vorort Riads. Das klingt kulturbewusst, ist aber politische Strategie. Weiterlesen

Wiederaufbau und Zerstörung

Wie nachhaltig kann Kulturarbeit in Krisengebieten wie Afghanistan sein? Die documenta in Kabul 2012 steht nachträglich im Zentrum eines aktuellen Streits um Kunst und Macht
Tagelöhner, Krüppel, Soldaten. Als William Kentridge im Sommer 2012, vor mehr als neun Jahren, seine Arbeit „Shadow Procession“ im Queens Palace von Kabul zeigte, verstand das Publikum sofort, worum es ging. Das Scherenschnitt-Video schien wie aus dem Alltag der Af­gha­n:in­nen gegriffen. Weiterlesen

Migration als Fulltime-Job

Der Neuköllner Artspace „Apartment Project“ ist selbst von Istanbul nach Berlin gekommen. Dort erzählen jetzt Autorinnen über die emotionale Seite von Migration
„All my memory is and was built in Istanbul. Sound, smell, taste, touch shaped there. I am full with Istanbul“. Erst weiß man nicht genau, woher die Stimme kommt. Bis man die kleinen Lautsprecher an der Decke bemerkt, aus denen Satzfetzen wie diese dringen. Ein Gefühl von Heimat, Erinnerung und Wehmut wird den ergreifen, der durch den cineastisch anmutenden Parcours illuminierter Leinwände in dem kleinen Artspace „Apartment Project“ an der Sonnenallee streift. Weiterlesen

Kapitalverbrennungsanlage

Gebäude gewordenenes Berlin: das ICC
Das Kernproblem der weltweit grassierenden Wohnungsnot ist die Tatsache, dass Wohnen, Grund und Boden den Gesetzen des Kapitalismus unterworfen sind. Obwohl Grund und Boden bekanntlich nicht produzierbar sind. In einer irgendwann mal gerechten Welt gehören sie allen Menschen – wie Luft, Wasser und das zu rettende Klima. Bis dahin kann es dauern. Und darauf warten hilft niemandem. Weiterlesen

Eine Welt ohne Führer

„Studio Bosporus“: Zum zehnjährigen Jubiläum der Künstlerakademie sind im Kunstraum Kreuzberg die Arbeiten der Sti­pen­dia­t:in­nen der Villa Tarabya in Istanbul zu sehen
Eine Gruppe sommerlich bekleideter Menschen auf dem Rasen eines prächtigen Parks. Einzeln oder als Paar sitzen sie in Abstand auf Handtüchern auf dem grünen Rasen. Und sie hören über oder sprechen in bunte Plastikbecher, die durch Bindfäden verbunden sind. Weiterlesen

Der italienische Marx

Buchbesprechung: Eine Einführung in das Denken des Philosophen Antonio Gramsci
“Für die nächsten zwanzig Jahre müssen wir verhindern, dass dieses Gehirn funktioniert.“ Kurzfristig hatte der Staatsanwalt, der im Mai 1928 Antonio Gramsci vor einem Sondergericht im faschistischen Italien Mussolinis anklagte, Erfolg. Der italienische Kommunist wanderte zwar ins Gefängnis und starb dort 1937. Doch in diesen neun Jahren skizzierte er trotz schwerer Krankheit und restriktiver Haftbedingungen politische Kategorien, deren Wirkmacht ungebrochen ist. Von der „Hegemonie“ bis zur „Zivilgesellschaft“ – im politischen Diskurs heute wimmelt es nur so von Begriffen, die Gramscis legendären „Gefängnisheften“ entlehnt sind. Weiterlesen

Alarm an Quay 6

Klimaneutrales Sinfonieorchester, klimaneutrale Biennale, klimaneutraler Diesel. Finnland will 15 Jahre vor der Europäischen Union klimaneutral werden. Eindrücke von Kunst und Nachhaltigkeit in Europas Norden
Ein riesiges Gerüst aus Stahlrohren, gekrönt von einem roten Kassettendach. Wer an der kleinen Insel Vallisaari an Land geht, 15 Minuten mit der Fähre von Helsinki entfernt, hält den Aufbau für ein Baugerüst oder die Reste einer Schiffswerft.

Doch „Quay 6“, die Installation des finnischen Künstlers Jaako Niemelä ist das erste Werk, das Be­su­che­r:in­nen der neuen Helsinki-Biennale sehen, die seit Juni auf dem verwilderten Eiland stattfindet, das Jahrhunderte als militärisches Sperrgebiet diente. Weiterlesen

Griechische Kuratorin über Waldbrände

„Wir brauchen Solidarität“ – Die griechische Kuratorin iLiana Fokianaki spricht über die Folgen der Waldbrände in Griechenland. Die zerstörte Natur ist auch Kulturinspiration.

Frau Fokianaki, Griechenland kämpft in jedem Jahr mit Waldbränden. Was ist diesmal anders?

Iliana Fokianaki: Zwei Faktoren machen den Unterschied zu den letzten Jahren aus. In erster Linie erhöht die Klimakrise die Temperaturen und die Dürre, was jeden Sommer mehr Brände verursacht. Für Attika bedeutet dies heißere Sommer und mehr Überschwemmungen im Winter. Schlechte Gesetzgebung und jahrzehntelange Korruption sowie das Bauen auf Staudämmen verschlimmern die Situation ebenfalls. Wissenschaftler rechnen bereits im kommenden Winter mit Überschwemmungen in Attika. Weiterlesen

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