Die absteigenden Imperialmächte USA, UK und Frankreich haben heute Nacht ein neues Indiz ihrer gefährlichen Schwäche geliefert. Ich kann mich nicht erinnern, wann sie jemals so schwache politische Führungen hatten wie heute.
Der US-Präsident hat Kongresswahlen vor sich. In Bataillons-Stärke laufen ihm seine eigenen Leute weg, die Mehrheit der Welt hält den Mann für “irre” (ich nicht). Er muss Ereignisse “setzen”, die ihn die Kongresswahl heil überstehen lassen. Was kann so einer machen, wenn ihm das innenpolitisch nicht gelingt?
Die britische Premierministerin Theresa May – muss über sie noch ein Wort verloren werden? Ihr eigener Aussenminister Boris Johnson, den nicht wenige für ähnlich “irre” halten wie Mr. Trump, sägt beständig an ihrem Stuhl. Und er ist damit nicht allein. Zuhause bricht die Infrastruktur zusammen – eine Grippewelle genügte z.B. beim einst weltweit berühmten National Health Service (NHS), dem kostenlosen staatlichen Gesundheitssystem. Dem Brexit mit seinen zerstörerischen volkswirtschaftlichen Folgen ist kaum noch auszuweichen.
Der französische Präsident Macron will innenpolitisch gegen einen relevanten Teil seiner eigenen Wähler*innen vorgehen – seine Sozial- und Wirtschaftspolitik war so angedroht; dennoch erhielt er linke Leihstimmen gegen die rechtsradikale Le Pen. Mit seiner halbstarken Imperialpolitik zielt er auf die Zielgruppe seiner Konkurrentin, weil sich die linke Opposition von alleine marginalisiert.
Die ganzen fiesen Diktatoren, die doch angeblich bekämpft werden (Assad, Putin, Khamenei, Erdogan), können auch lesen, auch Texte, die länger sind als bei Twitter, sind gewiss alle Arschlöcher. Aber ich habe noch keine*n gefunden, der die für doof hält. Das ist schon mal ein schmerzlicher Unterschied zu Trump und Johnson.

Wie anders unsere “starke” Bundesregierung. Sie hat so ein Vorgehen im Niveau von “Jugendbanden” (Florian Rötzer) – noch – nicht nötig. Beachten Sie nur mal das „atmosphärische“ Aufmacherfoto auf ihrer Startseite (Stand Samstagmittag). Was sie in ihrer Erklärung zu den Raketenangriffen als Sinn und Zweck beschreibt, warum sie die “unterstützt”, ist die klassische Arbeitsbeschreibung von Politik – und nicht von Raketen und Waffen, vor denen die Politik die Menschen doch eigentlich schützen müsste. Die scheint aber im Falle Syrien (wahlweise auch: Russland, Iran, Türkei) im Streik zu sein. Im Gegensatz zu uns haben Politiker*innen aber kein Streikrecht, schon gar nicht gewählte. Wenn die meinen, ihre Arbeit nicht zu wollen oder nicht zu können, oder beides, dann heisst das Streikrecht bei ihnen: Rücktritt.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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