IC 2 und der Herr Gawantko von der Bahn
Es gibt sie die positiven Erfahrungen mit der Bahn, und dann liegt es meist an den Mitarbeitern. So auch am 13. Juni 2019 in Braunschweig. Ich war in Braunschweig, weil ich dort einen lange zuvor vereinbarten Termin zum Modell stehen hatte. Und weil ich eher selten solche Abweichungen von meiner Route Bonn-Berlin mache, hatte ich mir kurz entschlossen ein kleines Kunst- und Kulturprogramm in Braunschweig zurecht gebaut. Weil einer meiner Termin wegen Krankheit nicht zustande kam, mußte ich umorganisieren und auch das ging dank verständnisvoller, und sehr flexibler Menschen im Kulturbetrieb. Der Vorsitzende des Braunschweiger Künstlerhauses, Hans Wesker und der Pressesprecher der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig (hbk) Jesco Heyl führten mich trotz sehr kurzfristiger Anfrage durch Ihre Häuser. Mehr darüber wird in der Servicezeitschrift für Künstler mit dem naheliegenden Namen „atelier“ zu lesen sein.

Kunst hat in Braunschweig ein gutes Zuhause

Fest steht: die Bildende und auch die Klangkunst hat in Braunschweig ein gutes Zuhause und es lohnt sich,tatsächlich, der Kunst wegen nach Braunschweig zu reisen. Meinem ersten Eindruck zufolge zahlt es sich auch für die Kunststudenten aus, dass in Braunschweig einer der Schwerpunkte auf dem Design liegt, also einer Form der angewandten Kunst.
Ich werde hier nicht die Diskussion über angewandte und freie Kunst führen – ich persönlich finde es gut, wenn Künstler ihr Geld durch die praktische Anwendung ihres Wissens und Könnens verdienen und damit in der Lage sind, ihr Leben selbst zu finanzieren. Jedem ist es selbst überlassen, sich die für ihn nötige Freizeit und freie Zeit für die „reine Kunst“ zu beschaffen. Hier möchte ich über meine weitere Bahnerfahrung berichten.
Meine erste Reise in einem neuen Zug der DB – dem „IC 2“ – zuvor hatte ich diese Doppelstockwagen nur von außen gesehen. Jetzt fahr ich mit dem IC 2443 von Köln aus in Richtung Leipzig. Was ich ganz toll fand, war die Anreise von Köln aus mit dem IC 2443, der dort pünktlich um 7.12 h in Richtung Leipzig fuhr. Wirklich zögerlich nahm ich einen der zahllosen freien Sitze ein, schaute noch mal nach, ob ich mich nicht in ein 1. Klasse Abteil verirrt hatte, bevor ich meinen Hackenporsche und zwei weitere Taschen in einem der pro Wagen drei großen Gepäckfächer verstaute. Ich reise mit einem Einkaufstrolley, weil auch das gröbste Straßenpflaster an meinem Zielort Berlin, diesen großen Trolley-Rädern nichts ausmacht. Ganz im Gegensatz zu den Rollenkoffern.
Doch zurück zum Bahnerlebnis. Dieser Zug war nicht nur pünktlich, er war auch in der 2. Klasse groß, sauber, und auch noch pünktlich. Und wirklich: Deutsche Bahn. Ich war glücklich und fest entschlossen nach Rückkehr darüber zu schreiben.

Pech – aber nicht mit der Bahn

Pech hatte ich dieses Mal nicht mit der Bahn, sondern mit anderen Menschen, die nicht nur zum verabredeten Abendtermin nicht kamen, sondern außer mir offenbar noch ein weiteres Zeichenmodell bestellt hatten. So konnte ich mit dem aus Hildesheim extra angereisten weiteren Modell gemeinsam darüber sinnieren, was wohl passiert sei und dazu führte, dass kein Veranstalter und nicht ein Zeichner erschienen, aber zwei Modelle draußen vor dem Malsaal des Braunschweiger Staatstheaters warteten. Dabei kam es uns nicht nur so vor, als würden wir im „Regen stehen gelassen“ – nein wir wurden auch nass. Denn der bis dahin sonnige Tag verabschiedete sich mit einer kleinen Gewitterschauer. Das fand ich gar nicht gut, und beendete gut eine halbe Stunde nach dem eigentlich vereinbarten Termine diese nun auch noch ziemlich ungemütliche Warterei und fuhr zum Hauptbahnhof.
Dumm nur, dass ich erst für 22.29 h den nächsten Zug nach Berlin gebucht hatte, es war gerade erst 20 h, also standen mir zweieinhalb Stunden Wartezeit bevor. Da ich mich in der Bahn gerne mit anderen Menschen unterhalte, habe ich kein Smartphone dabei, sondern ein altes Handy mit dem man telefonieren und sms verschicken kann. Außerdem habe ich stets einen spannenden Krimi dabei. Das hilft gegen aufkommende Langeweile.

Der hilfreiche Herr Gawantko von der Bahn

Da ich gerne preiswert reise, bestand Zugbindung, wollte ich früher fahren, hätte ich mehr bezahlen müssen. Aber das mit dem früher fahren ging nicht so einfach – weil der für 20.29 h angekündigte nächste Zug nach Berlin stolze 55 Minuten Verspätung hatte. Wegen Stellwerk oder einer anderen Störung. Weiter warten oder früher fahren und noch mal den Fahrpreis Braunschweig-Berlin zahlen? Erst mal nachfragen, ich hatte die leichte Hoffnung, dass mir die bereits bezahlte Fahrkarte angerechnet würde. Doch das ging nicht. Billigfahrkarten wie meine müssen einen Tag vor der Reise umgetauscht werden und dabei werden Gebühren fällig, die meines Wissens bei 15 Euro liegen. Also zwecklos.
Doch oh Wunder – nach Schließung des Reisezentrums und nach dem für den Zug um 20.29 nach Berlin mindestens 55 Minuten Verspätung angekündigt wurde, erkundigte ich mich nach anderen Möglichkeiten und lernte einen Herrn Gawantko kennen. Einen Bahnmitarbeiter mit viel Erfahrung. Er schob mit seiner Kollegin die Abendschicht und durfte den Fahrgästen erklären, warum sie fast eine Stunde warten mußten. Doch dieser Mensch zeigte ein, in den letzten 30 Jahren seitdem ich ausschließlich den ÖPNV und die Bahn benutze, in dieser Ausprägung noch nicht erlebtes Interesse am „Fortkommen“ der Fahrgäste. Er riet mir, ihn noch mal um 21.20 h anzusprechen. Bis dahin wolle er etwas klären. Denn auch mein Zug nach 22 h würde wahrscheinlich verspätet abfahren. Kurz vor 21 h kam Herr Gawantko aus seinem Info-Schalter zu mir in den Wartebereich und forderte mich auf, mit ihm schnell zum Gleis 8 zu kommen. Ich lief mit ihm, stellte dann aber fest, dass ich meinen „Hackenporsche“ ja noch im Schließfach verwahrte, mußte also noch mal umkehren, um das restliche Gepäck aus dem Schließfach zu holen. Gut bepackt lief ich zum Gleis 8. Gawantko hatte weitere gestrandete Reisende zum Gleis geholt und eilte mit mir zusammen ins DB-Büro am Gleis und hob mit einem Stempel und folgendem Spruch die Zugbindung auf „Aus Kulanz und wegen Streckenblockstörung in Nörthe-Hardenberg Zugbindung aufgehoben. Gawantko.“
Ich schaute ihn groß an und bedankte mich. Ich saß nun um 21.25 h in einem Zug nach Berlin, ohne weiteres Umsteigen in Wolfsburg, wie es meine ursprüngliche Buchung vorsah.
Schön, dass es solche Menschen wie Herrn Gawantko gibt. Nach Erscheinen des Beitrags werde ich den Link zum „Beueler Extradienst“ an die DB in Hannover schicken und mich in einer Email bei Herrn Gawantko bedanken.
Update 23.6. spätabends von Martin Böttger: Mehr Bauarbeiten bitte!
Bauarbeiten in Köln, zahlreiche Züge können Köln Hbf. nicht anfahren, viele werden über die rechte Rheinseite umgeleitet. So lauteten schon die Vorwarnungen vor diesem superlangen Wochenende. Zur Anreise zu einer Familienfeierichkeit im Ruhrgebiet fürchtete ich also das Schlimmste: Freitagähnliche Bahnzustände. Doch das Gegenteil trat ein. Heute mittag IC ab Beuel – geht doch! 10 Min. Verspätung, aber Beschleunigung statt Langsamfahrt durch Köln über Deutz. Zug nicht überfüllt, im Bordbistro gab es noch alles. Zeitgerechte Ankunft in Essen, meine U-Bahn habe ich erreicht. Zur Rückfahrt war ich verspätet am Essener Hbf. – gnädigerweise der IC nach Frankfurt/M. auch – er fuhr mit 20 Min. Verspätung 5 Minuten nach meiner Ankunft ab, und erreichte Beuel exakt so, dass ich in den Tagesthemen die Wahlschlappe Erdogans in Istanbul mitfeiern konnte. Noch nie ging die Reise von Tür zu Tür so schnell. Das Fallbeispiel zeigt, wie wichtig Plan-B-Infrastrukuren sind, damit das System Bahn funktioniert. Von Beuel ging es früher nach Athen, Rijeka, Lecce und Port Bou. Viel spricht dafür, den Bhf. Beuel auch im Gebäudeinnern wieder zu beleben, und viel öfter so anzufahren wie heute.