Beuel “stabil” – mit Bezirksbürgermeister Guido Pfeiffer

Die abtretende Bezirksbürgermeisterin Lara Mohn habe ich nicht näher persönlich kennen gelernt. Allein, dass sie die CDU-Figur Guido Deus so erfolgreich demokratisch ablösen konnte, machte sie mir sympathisch. Da die Grünen aber, wie alle Parteien, in der Corona-Pandemie die innerparteiliche Demokratie suspendierten, und durch “Zoom” ersetzten, war ich als “einfaches” Parteimitglied, das darauf nicht die geringste Lust verspürte, wenn Sie so wollen selbstverschuldet, ausgeknipst. Lara erwartet ein Kind, dafür alles erdenklich Gute!

Die rechten Männer der Opposition kannten keine Grenzen der Erregung, darin gegenüber der gewählten Oberbürgermeisterin Katja Dörner ganz ähnlich. Ihr Verhalten in den Gremien ähnelte dem von Grundschülern (Mädchen nicht mitgemeint). Sowohl Mohn als auch Dörner brachten sie mit der äußeren Ruhe und Ausgeglichenheit, die sie zu performen immer in der Lage waren und sind, zur Weissglut. Alleine solcherart Ereignisse zu erleben, sind schon ein guter Grund für den Feminismus. Eine politische Art von Sexyness. Und unsere Stadt, und bislang auch unser Stadtbezirk, wurden damit beschenkt. Dafür als Zwischenbescheid schon mal ein deutliches Danke!

Den Neuen, Guido Pfeiffer, kenne ich schon weit über 10 Jahre. In der überalterten Ratsfraktion, in der ich 2006 meinen Dienst als Fraktionsgeschäftsführer antrat, gehörte er noch zu den Jüngeren. Beruflich in der IT-Branche tätig, war er ein Exot. Die meisten hatten ja keinen “anständigen Beruf”, sondern Zeit. In Erinnerung bleibt mir seine langjährige Arbeit im Stadtwerke-Aufsichtsrat (bei “Energie und Wasser” ist er es geblieben). Für mich war er in seiner coolen Professionalität für grüne Verhältnisse verhaltensauffällig: er berichtete regelmässig, machte auf Probleme aufmerksam, bevor sie akut wurden, und formulierte für die Amateur-Kommunalpolitiker*innen klare Entscheidungsfragen. Also all das, wofür kommunale Aufsichtsräte eigentlich da sind, 80-90% aber nie schaffen (die Aufwandsentschädigung fliesst ja arbeitsunabhängig).

Guido war zwar für Microsoft, und ich für Apple. In dieser Meinungsverschiedenheit musste ich ihm rechtgeben. Meine Position war so falsch, dass sie als Ausrede für die Microsoft-Abhängigkeit öffentlicher deutscher Verwaltungen nicht taugt. Aber ich will nicht abschweifen. Guido war auch in vielen innergrünen Streitfragen anderer Meinung als ich. Was ihn aber auszeichnete – auch gegenüber denen, die mit mir einer Meinung waren – war: er war immer diskussionsfähig. Er nimmt keinen Meinungsstreit persönlich.

Gestern, zwei Stunden vor seiner Wahl (mit 10:9 Stimmen), trafen wir uns am Momo-Fahrradparkplatz. Wir rätselten gemeinsam über das Schwinden von Diplomatie und Verhandlungskompetenz – von Bonner Bezirksvertretungen bis zu den Geo-Strateg*inn*en. Wir einigten uns schnell auf die Diagnose, dass der technische Fortschritt eine weit höhere Geschwindigkeit hat, als seine kulturelle Adaption durch die Menschen. Demokratische Politik hat die Pflicht und Schuldigkeit, diese Lücke zu schliessen.

Guido Pfeiffer ist – im Angesicht der Kolossalität dieses Problems – definitiv kein Drückeberger. Jetzt bitte noch den Fussgängerüberweg …!

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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