Eine aufgerauter Wind geht durch das Wasserglas des deutschen Medienjournalismus, bzw. dem, was davon noch übrig ist. Das Adolf-Grimme-Institut in Marl hat mal wieder eine Finanzkrise. Seine Chefin und meine ehemalige Arbeitskollegin Frauke Gerlach gibt bei epd-Medien der mir ebenfalls gut bekannten und geschätzten Diemut Roether ausführlich Auskunft. Christian Bartels/MDR-Altpapier kommentiert süffisant, “dass rund um das unscheinbare Grimme-Institut, dessen Institutsgebäude tatsächlich den Traditionsnamen ‘Insel’ trägt, ein ganz schöner Haifischteich schwappt”. Ja, so ist das im was-mit-Medien-Geschäft.
Viele Männer in der Branche ertragen es nur schwer, dass ihnen, obwohl sie sich doch alle für hochqualifiziert halten, eine Frau bei der Besetzung der Institutsleitung vorgezogen wurde. Frauke Gerlach hat so gar nichts von einem Pfau, der gezwungenermassen mit seinem prächtigen Schwanz Eindruck schinden will. Mit ihrem Jura-Examen hätte sie sogleich eine Richterinnenkarriere starten können. Das wäre bequemer gewesen und reicher belohnt worden. Aggressive Männer bauen sie eher auf als ab. Mann kann kritisieren, dass sie weit weniger als entsprechend talentierte männliche Vorgänger PR-Wind um ihr Institut und seine Arbeit macht. Windmacherei gehört nicht zu ihren Talenten; das macht sie in der Zusammenarbeit zu einer seriösen angenehmen Partnerin.
In meiner 15-jährigen Karriere als Mitarbeiter von NRW-Landtagsabgeordneten (1990-2005) habe ich nur einen einzigen Landtagsbeschluss selbst geschrieben – normalerweise war das in der Grünen-Landtagsfraktion Sache der besser bezahlten und arbeitsrechtlich abgesicherteren “wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen”. Für Medienpolitik gab es aber keine*n. Dieser Antrag war ein Änderungsantrag zum Landeshaushalt, und zwar eine Zuschusserhöhung für das Grimme-Institut. Das hatte damals einen rhetorisch im öffentlichen Auftritt weit versierteren Chef als Frauke Gerlach, der seinerzeit weit grössere Löcher im Etat des Instituts gerissen hatte. Das wurde durch “meinen” Antrag gestopft – übrigens vom Landtag einstimmig angenommen.
Die Grüne NRW-Landtagsfraktion ist heute mehr als doppelt so gross. Die Entwicklung einer konsistenten Medienpolitik scheint das eher erschwert als erleichtert zu haben. Es ist keine erkennbar, weder inhaltlich noch personell. Also, spekuliere ich jetzt, ist Frauke Gerlach umso mehr auf eine konstruktive Beziehung zu NRW-Staatskanzleichef Nathanael Liminski angewiesen. Das stelle ich mir – wiederum spekulativ, ich musste ihn nie kennenlernen – als schweres Los vor.
Die Grimme-Gesellschafter WDR und ZDF sollten den politischen Umgang mit dem Grimme-Institut aufmerksam studieren. Dann erfahren sie, was ihnen bevorsteht. Wenn erst CDU und AfD NRW regieren, wird vieles ganz schnell gehen. Wer dann keine gesellschaftliche Basis hat, die bereit zum Kämpfen ist, für den*die*das geht das Sterben dann umso schneller.
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