Die Jüngeren verstehen die Überschrift sicher nicht. “Horst Schimanski” war eine Kunstfigur eines WDR-Tatortes in den 80er und 90er Jahren. Der mit dem grössten Publikumserfolg. Von dem Schauspieler Götz George dargestellt, brach er mit vielen Konventionen. Er war unhöflich, Genussdrogen gegenüber aufgeschlossen, wozu auch jede Menge attraktiver Frauen zählten. In diesen Tatorten wurde ungefähr so gesprochen, wie die Duisburger Einheimischen im Alltag tatsächlich sprachen. Und nicht nur die Frauen wurden sexualisiert – auch Schimanski/George persönlich, was ihm viele Frauen zugeneigter machte, als es das ohne getan hätte.

“Isisch” meint nicht irländisch, sondern isländisch. Dieses Land erlangte europaweite Sympathien, als seine Fussballmannschaft der Herren bei der EM 2012 unter die besten 8 gelangte, u.a. mit einem 2:1 gegen die Möchtegern-Grossmacht England. Die isischen Stadionfans begeisterten zusätzlich mit akustisch besonders origineller Anfeuerung. Der Schimanski Islands stand damals im Tor: Hannes Þór Halldórsson.

Im Hauptberuf ist der Kerl Filmregisseur. Ich mutmasse, für seine nur vier Einsätze beim aserbaidschanischen Frontverein Qarabag Agdam muss er fürstlich entlohnt worden sein, so dass ihm das erleichterte, seine Kunstwerke vorzufinanzieren. Das ist ja beim Filmemachen immer die meiste Arbeit.

Sein Hauptwerk “Cop Secret”, 2021 beim Locarno Filmfestival uraufgeführt, steht nun bei 3sat, verfügbar bis 18.3., aber nur nachts, um die Jugend nicht zu verderben. Die könnte nämlich auf die Idee kommen, dass “Supercops” in Wirklichkeit Witzfiguren sind, eine Hollywood-, oder besser James-Bond-Lüge. Von der Glaubwürdigkeit jugendfreier deutscher Tourismus- und Regionalkrimis ganz zu schweigen, die nur im Ausland spielen, damit deutsche TV-Teams mal schöne Dienstreisen haben. Wie wenig superduper die alle sind, diese Lehre wird Halldórsson gewiss schon während seiner Fussballtätigkeit gewonnen haben. Aus meiner Sicht gelang ihm so eine kritisch-amüsante Dekonstruktion der zahlreichen Polizei-, Agenten- und eingebetteten Medienlegenden, inkl. Kenntlichmachung ihrer Absurdität.

Jetzt frage ich mich nur, wenn der in seinem Zwergstaat Superstar ist, ist dann die isische Jugend vollends verdorben und für das Gute gegen das Böse verloren? Denn in Sachen Medienkompetenz sollen die ganz weit vorne sein, sodass Zensur kein grösseres Problem für sie darstellt – ganz anders als bei Ü60-jährigen deutschen Mediatheknutzer*inne*n. Was denken die jetzt da auf der Insel im Nordatlantik wohl von der Welt, von der Polizei, von Superhelden usw. ?

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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