Ein bisschen ist es wie ein Fenster zur Welt da draussen. Die Millionen Mitbürger*innen mit türkischem Familienhintergrund helfen uns sie zu sehen. Manche wollen sich nicht helfen lassen, denen ist auch kaum zu helfen.
Einer der seltenen Fälle eines gelungenen Türkeidiskurses in einem Medium (von “Massen”medium ist bei dem Sender kaum zu reden) lief gestern abend bei Phönix “Unter den Linden”. Staatsminister Michael Roth (Auswärtiges Amt) und Cem Özdemir (MdB Grüne) stritten nur phasenweise, zeigten viel Nachdenklichkeit und Abwägung. Roth war durch sein Amt gezwungen diplomatisch zu bleiben, während Özdemir das Privileg genoss, sagen zu können, was er dachte. Die daraus gewobene Spannung machte das Gespräch sehenswert; beide haben das gut gemacht. Wobei es mir ein Rätsel blieb, wie Özdemir seine nebenbei geäusserte Solidarität mit der Regierung der Ukraine begründet – aber das war ja nicht das Thema.
Die Türkei bleibt ihrer Rolle als Konfliktverursacher treu. Jürgen Gottschlich/taz erinnert an ihre Staudammpolitik, die im Schatten der zahlreichen kriegerischen Konflikte vorangetrieben wurde und jetzt den Irak und seine Flusstäler vom einst fruchtbaren Mesopotamien in eine unbewohnbare Wüste verwandelt. Die Wurzeln für weitere Kriege und Flüchtlinge sind so bereits gesetzt.
Ilkay Gündogan hat gesprochen, in einem Interview mit der Funke-Mediengruppe. Sein Schlüsselsatz: “Jeder hatte auch Angst, etwas Falsches zu sagen.” Jeder! Das ist das Geschäftsprinzip von Fußballmillionären und ihren Beraterarmeen. Gündogan und seine Leute haben die Debatte lang und breit studiert (vor allem lang) und wagen sich nun mit diesem Interview gerade so weit vor, wie sie es taktisch für ratsam halten. Nächste Woche ist Länderspiel gegen Frankreich. Gündgan sagt viel Richtiges, manches Informatives zu seiner persönlichen Verfassung, zu Mitspielern (u.a. Leroy Sane) und zur Mannschaft, aber zu einer Selbstkritik zur Fotopose mit Erdogan kann er sich weiterhin nicht durchringen. Bloss nichts falschmachen, möglichst wenige verärgern, Risiko minimieren. Professionell sagt mann heute dazu.
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