Beueler-Extradienst

Meldungen und Meinungen aus Beuel und der Welt

Kategorie: Genuss (Seite 4 von 50)

Komödie des Geldes, 8. Dezember 2024: Break again

Mit wenigen Schritten stürzte sich Alwys den herausströmenden Menschen in die S-Bahn entgegen. Die Trasse führte quer durch das Opel-Werksgelände. Vor der neuen Omega-Montagehalle war eine Betriebshaltestelle für die Schichtarbeiter. In die Halle selbst durfte fast niemand hinein. Wie man sich in der Umgebung erzählte, arbeitete dort eigentlich auch niemand mehr. Die Montage würde größtenteils von Computerarmen übernommen, die mit viel Feingefühl schweißen könnten und mit Saugnäpfen das ganze Vehikel zusammensetzten. Über diesen Sachverhalt wurde eigentlich nirgends richtig berichtet oder offen gesprochen. Viele Opel-Arbeiter hätten darüber gar nicht wirklich sprechen können, weil sie gar kein Deutsch konnten. Weiterlesen

Komödie des Geldes, 7. Dezember 2024: Zeit

Vom Bahnhof in R. war es tatsächlich nicht weit bis zur Lokalredaktion. Der Bahnhof war typisch deutsch. Im schalterlosen Gebäude roch es flüchtig nach Urin. An den Wänden hingen diese antiseptischen Plakate mit Bahntouristen in der weiten Welt, meist vor den Alpen. Oder ein schlafender Autofahrer, dessen PKW im angehängten Wagenteil mittransportiert wurde, träumte von Strand, Sonne und Meer. Weiterlesen

Mächtige der internationalen Kunstwelt

Sheikha Hoor al-Qasimi – Die Sultanstochter aus einem Emirat wird 2024 von einem Londoner Magazin zur einflussreichsten Person der Kunstwelt gezählt. Hier kennt man sie kaum.

Eine kleine Frau von zierlicher Gestalt, unauffällige Eleganz, meist mit dicker Hornbrille. Wer Hoor al-Qasimi zum ersten Mal trifft, assoziiert Macht am wenigsten mit ihr. Auch wenn die Kuratorin aus Schardscha, einem der sieben Scheichtümer der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), ihre Mutter als Kind mal mit dem Wunsch überraschte, „Chef“ werden zu wollen. Weiterlesen

Komödie des Geldes, 6. Dezember 2024: Supper‘s Ready

Es wurde Zeit in die Franz-Vorlesung zu eilen: „Komödie des Geldes.” „Jetzt mache ich einmal Literaturwissenschaft, wie ich sie verstehe,” hatte der graugelockte Professor Franz zu Anfang in einem der steil abfallenden, kleinen Hörsäle gesagt und fing sofort mit Lukács „Theorie des Romans“ an. Über Max Webers Aufsatz zur Konvertierbarkeit der menschlichen Arbeit in Geld, Karl Marxens Mehrwerttheorie und der Tatsache, dass dies alles bei den Griechen eben nicht griff, Mehrwerttheorie, Konvertierbarkeit der Arbeit in Geld, weil es in einem Sklavenhalterstaat, der Griechenland war, eben gar nicht erst einen Begriff von Mehrwert gab, kam Franz von Plautus, über Molière zu Sternheim: „Wir haben einen Eindruck, soll der einmal gesagt haben,” sagte Franz. Weiterlesen

Wundersame AutoBahn 5

Verkehrspolitik war noch nie mein Fall. Außer: aus politikwissenschaftlicher Sicht  war ich vollkommen begeistert, als bei den Grünen in der ersten Legislaturperiode ihrer Präsenz im Bundestag Dieter Dabriniok und Hans-Werner Senfft auf die geniale Idee kamen, über 1.000 Anträge zum  Bundesverkehrswegeplan zu stellen – ein Unterfangen, auf das bis dato keine Fraktion und keine Abgeordnete gewagt hatte, und das mit plötzlicher Aktualität und Brisanz den Bürger*innen  vor Ort klar machte, dass sie nicht gegen Straßenplanungen hilflos seien, wie es ihnen FDP, SPD und CDU/CSU Abgeordnete immer erzählt hatten, sondern ihre Volksvertreter vor Ort wirklich verantwortliche Täter für manche alleinstehende Brücke in der Landschaft oder brachial durchgesetzte Autobahn waren. Weiterlesen

Komödie des Geldes, 5. Dezember 2024: Job

Außer, dass ihm der Kaffeefilter beim Wasser einfüllen auf der Spüle umgekippt war, die Küche danach überall dunkle Sprenkel aufwies, was sie aussehen ließ wie eine Dalmatinerfalle, die Alwys dann seinerseits fluchend grob wegwischte, gab es kein größeres Ungemach am Morgen zu meistern. Eine Stunde später klingelte es an der Wohnungstür. Alwys las gerade auf der „Seite für die Frau“ in der WG-Tageszeitung aus der nahen Bankenstadt, dass Paare auch dann zusammenblieben, wenn sie selbst genau wüssten, dass sie eine schlechte Beziehung führten. Schon geschiedene Probanden hätten indes angegeben, dass sie ihre zweite Ehe schlechter als die erste empfänden. Weiterlesen

Komödie des Geldes, 4. Dezember 2024: Raus

Die Kopfschmerzen wurden in der Nacht schlimmer, da half auch kein Kulenkampff mit einem Gedicht von Eugen Roth – etwa das von dem, der sich ein Kotelette briet, bemerkt, dass dieses im missriet, doch da er es sich selbst gebraten, tat er, als wäre es ihm geraten und so weiter – danach erklang ein versöhnliches Chopin-Nocturne als Ohrenyoga zum Sendeschluss und schließlich regierte das Testbild die Mattscheibe mit der akustischen Summe aller möglichen Frequenzen, genannt: Weißes Rauschen. “So muss es wohl im Mutterleib geklungen haben,” war Alwys letzter Gedanke vor dem Tiefschlaf. Weiterlesen

Komödie des Geldes, 3. Dezember 2024: Schluss

Harry schnaubte ein rauchiges „Leck-mich-unendlich-am-Arsch, Du Provinzei“ zurück: „Du kannst froh sein, dass Dir ECM den zugekifften John Abercrombie vor zehn Jahren in deine Kreisstadt gekarrt hat, sonst wüsstest du gar nicht, was ‘ne Melodie ist, du Prankengitarrist!“

Harry nannte All öfter „Prankengitarrist,” weil er den Sechssaiter mit allen Fingern der rechten Hand spielte, also überhaupt nicht mit Plektrum und nur Linienspiel, sondern mit Daumen und den restlichen Fingern gegen den Beat, also eigentlich wie beim Klavier. Weiterlesen

Notre Dame

Zwar hätte ich mir ein wenig Ausleuchtung der politökonomischen Motive des französischen Staates gewünscht. 700 Mio. € soll der Wiederaufbau gekostet haben. Angesichts mancher deutscher Baustellen wirkt das fast schon preisgünstig. Neben dem Staat müssen auch Frankreichs Milliardäre PR-wirksam gespendet haben. In der Inszenierung der TV-Streamingserie “Versailles” war es dieses gewaltige Bauwerk, das im Absolutismus aus dem proletarisierten Paris herausragte – wie später der Kölner Dom nach den Zerstörungen des 2. Weltkriegs. Weiterlesen

Komödie des Geldes, 2. Dezember 2024: All

Alwys wurde oft All genannt. Wegen der von ihm verehrten Band The Allman Brothers. Dass Gitarrist Dickey Betts immer einen komischen Cowboyhut trug, so einen wie Hoss Cartwright, mit hoher Kalotte, Modell Sanfter Riese, ignorierte der Verdrängungskünstler Alwys einfach. Passte ihm etwas nicht ins Bild: raus aus der Erinnerung! Die nächste, er hatte allerdings noch nie eine, also: die nächste Freundin, dachte Alwys damals wie heute, sollte Jessica heißen. Wegen der Band The Allman Brothers, die mit ihrem Gitarreninstrumental „Jessica“ Anfang der siebziger Jahre ihren größten Hit hatten, so einen für die Zeitschaltuhr am Morgen. Es war heute im Break nur nichts Weibliches in Sicht, was seinem etwas holzschnittartigen Charme hätte aufsitzen können. Weiterlesen

Der Familienfilm für Weihnachten

Ein heisser Tipp für die Omas unter Ihnen. Oder auch reife Mütter. Oder Ehegattinnen, die ihrem Mann etwas erklären wollen (oder müssen). Es gibt da einen erfrischend frischen französischen Film, den Arte am späten Abend versteckt hat, der aber noch bis Ende Februar wunderbar verfügbar ist. Sein Titel “Je ne me laisserai plus faire”, wie immer etwas bescheuert ins Deutsche übersetzt Ich lasse mir nichts mehr gefallen Weiterlesen

Komödie des Geldes, 1. Dezember 2024: Break

Alwys hatte Kopfschmerzen von den blauen Gauloises. Auch schmeckte ihm das Bier mit dem Römerimage nicht. Nur in der Mischung mit vielen Zigaretten war es einigermaßen erträglich, musste aber irgendwie sein. Drei von diesem Ganze-Kerle-Pils reichten ihm, so auch heute. Bei seinem Lieblingsthema – sage mir, was du hörst und ich sage dir, was du bist: Das endete meist mit einem politisch aufgeladenen Schimpfwort aus dem Unterleibsbereich – nahm Alwys keine Rücksicht auf empfindsame Zeitgenossen. Er wusste nämlich, wie er meinte, ganz genau: Genesis-Fans hielten sich für empfindsam, und so argumentierte er an diesem fortgeschrittenen Abend in einer der karussellgondelartigen Sitzvierecke seiner Stammkneipe Break viel bissiger als sonst – denn er war eigentlich wegen etwas ganz anderem ziemlich nervös. Dieser Geschmacksgrabenkampf war heute ganz sekundär für ihn, aber er musste geführt werden, da gab es kein Pardon: „Entweder Zappa oder Genesis. Wer beides hört, ist schizophren.“ Weiterlesen

Stilbruch: Komödie des Geldes

Der Adventskranz steht bereits auf dem Tisch, die Weihnachtszeit läutet die Glocken, da wurde uns ein Script zuteil, das nicht in den üblichen Rahmen passt, aber aus 24 Episoden besteht. 24? Jeden Tag eine Episode bis der Weihnachtsmann kommt? Ein Experiment? Sollen wir es wagen? Ist es unterhaltsam? Gesellschaftskritisch? Was ist es? In jedem Fall fällt es aus dem Rahmen. Deshalb haben wir uns entschlossen, mit dieser literarischen Herausforderung einmal einen ganz anderen Weg zu gehen. Weiterlesen

Abstand

Mit dem ÖPNV in unserer Region wird das wohl nichts mehr – Wundersame Bahn CCXI

Wäre ich noch Berufspendler, wäre ich wohl in der real existierenden Bahngegenwart zwischen Bonn und Köln schon kollabiert. Zu meinem grossen persönlichen Lebensglück bin ich schon Rentner, und nur noch Testfahrer mit dem 49€-Ticket, das die Landesverkehrsminister*innen dieses Landes in Kürze zu einem 58€-Ticket verwandeln wollen. Während ihre Vorgesetzten, die Ministerpräsident*inn*en, bei Erhöhung der TV-Haushaltsabgabe um einen halben Euro, also ein Achtzehntel dieses Differenzbetrages, bereits eine Staatskrise ausrufen, weil sie sich vor den AfD-Faschist*innen in die eigenen Hosen scheissen. Sie merken: ich bin immer noch erregt, obwohl ich schon einmal friedlich geschlafen habe. Weiterlesen

Neues aus der Unterwelt

Interview: Wie sich illegale Ökonomien verändern

In Europa wird so viel gekokst wie noch nie, in Berliner Clubs haben Dealer alle paar Monate eine neue synthetische Droge im Angebot. Schlagzeilen über Schießereien in Rotterdam und Hamburg lesen sich so, wie sie lange nur aus Lateinamerika bekannt waren. Das ist nur konsequent: Wo viel zu holen ist, drängen viele auf den Markt – so lange, bis sich Monopole bilden. Daniel Brombacher untersucht die aktuellen Dynamiken. Weiterlesen

Friedrich Merz, Kanzlerkandidat

Als Friedrich Merz noch nicht von Angela Merkel stillgelegt worden war, damals in den 90er Jahren, hat er seine politischen Positionen zur Flüchtlingspolitik entlang der damaligen Kampagne der CDU/CSU (“Asylbetrug, Asylschwindel”) gegen das Grundrecht auf Asyl gebildet. Asylsuchende sind Schmarotzer, sie kommen ganz überwiegend illegal, Abschiebehindernisse wie Todesgefahr, Verfolgung aufgrund des Geschlechts oder Ethnie kennt er nicht oder ignoriert er. Weiterlesen

Ein grosser Ossi

Bei der Köln-Premiere von “Willenbrock”, zu der er zusammen mit Hauptdarsteller Axel Prahl erschien, bin ich ihm vor knapp 20 Jahren mal persönlich begegnet. Kennenlernen wäre bei solchen Anlässen aber schon zuviel gesagt, denn beständig umdrängen Menschentrauben die Stargäste. So verehre ich Andreas Dresen aus der Ferne, und schliesse mich den allgemeinen Lobpreisungen, die diese Mediathekperle enthält, inhaltlich an: Weiterlesen

Illegale Ökonomien

It‘s the economy, stupid! Es ist die Wirtschaft, Dummkopf! Keine Sorge, die ilas sind nicht plötzlich Bill Clinton-Fans geworden. Der gewann mit diesem Spruch 1992 die US-Präsidentschaftswahlen. Aber seine Erkenntnis hilft. Zu oft stellen wir uns unter Organisierter Kriminalität Gangsterbosse, Schießereien und Bling Bling vor (danke, Netflix!). Aber um Narco-Strukturen zu verstehen, brauchen wir auch schnöde Zahlen. Schließlich geht es hier um einen Markt. Weiterlesen

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