Beueler-Extradienst

Meldungen und Meinungen aus Beuel und der Welt

Schlagwort: Kunst (Seite 3 von 6)

Die Muslime der Karibik

Kolumbus als Kämpfer gegen den Islam: Alan Mikhails Buch „Gottes Schatten. Sultan Selim und die Geburt der modernen Welt“ wählt einen neue Perspektive auf die Geschichte des Westens
Entdeckten Muslime Amerika und nicht Christoph Kolumbus? Als der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan vor ein paar Jahren öffentlich diese These vertrat, erntete er schallendes Gelächter. Wissenschaftler konnten dem islamistischen Hobbyhistoriker nachweisen, dass er einen Logbucheintrag von Kolumbus, in dem der Seefahrer die Ähnlichkeit eines Bergs auf Kuba mit einer Moschee beschrieb, falsch verstanden hatte. Weiterlesen

Nur Vögel kennen keine Grenzen

Ziel der Dritten Berlin Britzenale soll es sein, multimediale Kunst am Stadtrand zu zeigen. Ort des Ganzen ist ein eigentlich kunstferner Ort: 62 Parzellen der Kleingartenanlage „Morgentau“ an der Neuköllner Blaschkoallee
Ein Tempeltor aus weißen Pyrophor-Steinen, eine himmelblaue Hollywood-Schaukel und ein Pflanzenkleid mit grünen Kugelaugen in einem Baum. Wer an diesem Wochenende eine der Parzellen in der Britzer Kleingartenanlage „Morgentau“ im Südwesten Berlins betritt, kommt ins Stutzen. So richtig scheint das Ensemble nicht zu einem Schrebergarten zu passen. Zu allem schillernden Überfluss bekommen Be­su­che­r:in­nen dazu auch eine Portion Götterspeise serviert. Weiterlesen

Lokaler Konflikt wird global

Akademiker in blauen Talaren, aufgereiht zum stummen Gruppenbild im Garten der Istanbuler Boğaziçi-Universität. Seit über sechs Monaten bietet sich am Bosporus das gleiche Bild.
Der Lehrkörper der renommiertesten Universität des Landes stemmt sich gegen seinen Rektor: Demonstrativ kehren sie dessen Büro auf dem Campus den Rücken, an heißen Tagen mit Sonnenschirm. Die sozialen Medien sind voller Bilder des friedlichen Protests. Weiterlesen

Ausgeträumt

Kunst oder Event? / Katastrophenbilder und die Sicherheit der Schlafmützen
Helge hat Ärger. Und davon viel. Ob sein Management den durch Ungeschicklichkeit bei Vertragsverhandlungen mitverursacht hat, muss an dieser Stelle offenbleiben, keine Ahnung. In der Sache aber ist er ein Held. Kunst ist nicht die Petersilie auf der Suppe. Wann wird mann jeh verstehn? Ich erinnere mich an einen vergleichbaren Fall mit Volker Pispers, einen hochpolitischen Erster-Klasse-Kabarettisten. Weiterlesen

Der Neuanfang, der keiner war

Westbindung, Bastion gegen den Osten und nur ein scheinbarer Bruch mit den Nazis. Die Ausstellung „documenta. Politik und Kunst“ im Deutschen Historischen Museum dekonstruiert den Mythos von der kulturellen Neugründung der Bundesrepublik
Ein holzgetäfelter Raum im Stil der 70er Jahre. Im Vordergrund ein Schreibtisch mit Telefonen, Bildschirm und Bogenlampe, im Hintergrund eine Besprechungstafel, alles in Ockertönen. An der Wand sieht man das Bild einer Meereslandschaft in Braun und Blau. Man übersieht die kleine Fotografie leicht in der jüngsten Ausstellung des Deutschen Historischen Museums (DHM) in Berlin. Doch wer über die ideologische Wirkungsgeschichte der documenta nachdenkt, dem liefert das Dokument einen erhellenden Moment. Weiterlesen

Eine Welt jenseits der Staaten

Das Friedrichshafener Zeppelin-Museum versteht sich als Museum neuen Typs. Seine jüngste Schau dreht sich um die Grenzen von Staatlichkeit
Eine schmale Glasröhre, gefüllt mit nichts weiter als klarem Wasser, auf schwarzem Grund an einer Betonwand befestigt: Nevin Aladağs Werk „Border Sampling“ wirkt auf den ersten Blick unscheinbar und minimalistisch. Das kleine Objekt hat es freilich in sich. Die Kanüle hat die Künstlerin vor ein paar Jahren mit Wasser gefüllt, das sie bei einer Recherche mit Seeforschern an der tiefsten Stelle des Bodensees gewonnen hat. Weiterlesen

Der kulturelle Faktor

Sahra Wagenknecht macht symbolische Bedürfnisse verächtlich. Damit offenbart sie die kulturelle Achillesferse der politischen Linken.
„Man muß sich auch davor hüten, die Bedeutung der Kunst für den Emanzipationskampf des Proletariats zu überschätzen“. An dieses Verdikt des sozialistischen Historikers Franz Mehring fühlt man sich erinnert bei der jüngsten Debatte um Sarah Wagenknecht.

Die Mischung aus Populismus und Häme, mit der die Linken-Politikerin argumentiert – geschenkt. Ihre Attacke belegt aber einmal mehr die groteske Missachtung dessen, was man den kulturellen Faktor nennen könnte – ein Kardinalfehler der Linken, nicht nur in der Partei ohne Sternchen, als die Wagenknecht Die Linke gern sähe. Weiterlesen

„Der Machismo war schon immer hier“

Interview mit der türkischen Künstlerin Hale Tenger über den Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention und die Freiheit der Kunst am Bosporus
Hale Tenger, am 20. März zog Präsident Recep Tayyip Erdoğan die Türkei aus der Istanbul-Konvention zurück. Heftige Proteste waren die Folge. Die Rechte von Frauen in dem muslimischen Land sind aber nicht der einzige Streitpunkt am Bosporus. Angesichts sinkender Umfragewerte macht Erdogan Jagd auf die Opposition. Wie haben sie reagiert, als Erdoğan entschied, aus der Istanbul-Konvention auszutreten?

Hale Tenger: Ich war so wütend und frustriert. Frustration als Folge seiner Politik ist nichts Neues, aber so, wie seine undemokratischen Züge eskalieren, wird man jedes Mal, wenn etwas Neues passiert, sofort in Alarmbereitschaft versetzt. Weiterlesen

Strategie des Kleptomanen

Politische Kunst: Das Istanbuler Kunstmuseum ARTEr zeigt eine große Retrospektive des „Kapitalistischen Realisten“ KP Brehmer
Zwei gekreuzte Flaggen in Schwarz-Rot-Gold an der Stirnseite eines riesigen White Cube. Selbst der internationalen Heraldik unkundige Besucher können an der Installation im Istanbuler Kunstmuseum ARTEr unschwer die deutsche Flagge ausmachen. Nur die Größenverhältnisse irritieren. Warum ist der goldene Streifen auf einem der Banner derart breit geraten?

„Korrektur der Nationalfarben“ nannte der deutsche Künstler KP Brehmer (1938–1997) sein 1970 entstandenes Werk, das zu seinen bekanntesten zählt. Weiterlesen

Streik an Istanbuler Universität

„Was wir fordern, ist legitim“ – An der Istanbuler Boğaziçi-Universität wird gestreikt. Der Filmemacher Can Candan über den Kampf gegen Autoritarismus im Namen der Wissenschaft.
Seit der Ernennung des AKP-nahen, des Plagiats bezichtigten Rektors Melih Bulu durch Präsi­dent Erdoğan am 1. Januar 2021 ist die renommierte Istanbuler Boğaziçi-Universität im Ausnahmezustand. Trotz Festnahmen, Razzien und Polizeigewalt fordern Akademiker und Studenten seit Monaten, dass der umstrittene Rektor zurücktritt. Weiterlesen

Die perfekte Matrize

In einer materialreichen Studie lotet der Kunsthistoriker Henry Keazor die nicht endende Anziehungskraft von Raffaels berühmtem Fresko „Die Schule von Athen“ aus
58 Gestalten in antiken Gewändern, versammelt in einer marmornen Tempelhalle, zu der eine Treppe hinaufführt. In der Mitte der lebhaft diskutierenden Runde stehen zwei Männer: Platon, das Buch seiner Weltentstehungslehre „Timaios“ in der Hand, weist mit erhobener Hand zum Himmel. Aristoteles, sein Gegenüber, hält seine „Ethik“ und streckt die Hand horizontal nach vorne. Weiterlesen

(K)eine wilde Nacht

berlin viral
“Was in der Welt passiert und was uns amüsiert, geschieht besonders in der Nacht.“ Wehmütig geht mir dieser Tage immer der Song durch den Kopf, den Elisabeth Flickenschildt alias Nelly Oaks, Wirtin der verräucherten Hafenspelunke „Mekka“ in Edgar Wallace unvergessenem London-Krimi „Das Gasthaus an der Themse“ singt.

Zum Ausbruch des Coronozäns hatte ich mir diese nächtlichen Spaziergänge angewöhnt. Doch wenn ich pünktlich um halb elf den Süden Kreuzbergs zu umrunden beginne, wird Nellys Lockruf jedes Mal neu Lügen gestraft: seit einem Jahr nur noch gähnende Leere. Weiterlesen

Türkischer Kulturmäzen in Haft

Kesseltreiben am Bosporus – Seit mehr als drei Jahren sitzt Osman Kavala nun im Gefängnis. Jetzt will der türkische Präsident auch seiner Kulturorganisation an den Kragen.
„Terrorsponsor“, „türkischer Agent dieses ungarischen Juden Soros“, „Putschist“. Recep Tayyip Erdoğan, der regierende Autokrat am Bosporus, war nie um ein Schimpfwort verlegen, wenn es um Osman Kavala ging.
Den Kulturmäzen aus einer vermögenden Istanbuler Fabrikantenfamilie ohne jeden Beweis staatsfeindlicher Umtriebe für mittlerweile gute drei Jahre ins Gefängnis befördert zu haben, scheint Erdoğan nicht mehr zu reichen. Wenn nicht alles täuscht, wollen die türkischen Behörden jetzt auch seine Organisation Anadolu Kültür schließen. Weiterlesen

Gärung primärer Fabeln

… und ihrer Symbole – Mit ironischer Gelassenheit entlässt Peter Sloterdijk in seinem Buch „Den Himmel zum Sprechen bringen“ die Religion in eine neu verstandene Freiheit
Warum schweigt Gott? Viele Gläubige verzweifeln an dieser Frage. Ob nun jungen Menschen die Idee einer stummen Allmacht skurril vorkommt. Oder ob Erwachsene in einer existenziellen Notlage auf ein erlösendes Wort warten. Kommunikationsprobleme gehören zum Alltag des Glaubens.

Nun ist es zwar nicht so, dass Gott überhaupt nicht spricht. Weiterlesen

Im Schatten des Gatten

Buch über Künstlerin Mary Warburg: Alle reden über Kunsthistoriker Aby Warburg, nur wenige über seine Frau Mary Warburg. Nun erscheint eine Monografie über die vergessene Künstlerin.
„Neulich kam es mit aller Macht über mich, welch großes, großes Glück mir die Kunst gegeben hat.“ Als Mary Hertz im November 1890 diese Zeilen in ihr Tagebuch schrieb, war die Tochter des Hamburger Senators und Kaufmanns Adolph Ferdinand Hertz gerade 25 Jahre alt.

Die höhere Tochter aus besserem Hause hatte es sich in den Kopf gesetzt, Künstlerin zu werden. Im Park der Großeltern hatte das Mädchen zu zeichnen begonnen, nahm nach der Schule Privatunterricht. In einem anderen Eintrag schwärmt die junge Frau von ihrem unstillbaren „Malhunger“. Weiterlesen

Urheberrecht, Upload-Filter und Lobby-Arbeit

Edit Policy: Der Entwurf der Bundesregierung zum Urheberrecht wird nicht ohne Uploadfilter auskommen. Jetzt gilt es legale Nutzung vor Sperrung zu schützen.
Die Bundesregierung arbeitet mit Hochdruck an ihrem Gesetzesentwurf für das Urheberrecht. Am 16. Dezember will sie das Vorhaben im Kabinett beschließen und in den Bundestag einbringen. Trotz aller gegenteiligen Versprechen der Koalitionsparteien werden Uploadfilter ein zentraler Bestandteil der Reform sein. Wichtigster Streitpunkt ist jetzt, wie konsequent legale Nutzungen wie beispielsweise Parodien, Zitate oder Creative Commons-Inhalte vor einer fälschlichen Sperrung geschützt werden sollen. Weiterlesen

Das allzeit optimistische Personal

Die Stadt Eberswalde zeigt Walter Womacka. Es soll der Staatskünstler damit nicht rehabilitiert werden, vielmehr setzt ihn Kurator Eckhart Gillen der Intervention durch den Agit-Pop-Künstler Hans Ticha aus
„Arschlöcher, Jubelmaler, Staatskünstler“. In einem legendären Interview zog 1990 der Maler Georg Baselitz über Kollegen wie Bernhard Heisig oder Wolfgang Mattheuer her. Nur jene, die das Land verlassen hatten, so befand der 1958 aus der DDR emigrierte Künstler, seien als Künstler zu bezeichnen. Seither klebt an der Kunst aus der DDR das Etikett der Nichtkunst.

Natürlich ist das Verdikt, Kunst, die im Kontext einer Diktatur entstand, sei per se gar keine, schon historisch eine abwegige Vorstellung. Weiterlesen

Das Material ist die Botschaft

Kulturwechsel zwischen Berlin und Istanbul: Wie damit drei Generationen von Bildhauerinnen aus der Türkei umgehen, thematisiert die Galerie Nord in Berlin
30 spitze Hüte, seltsam dunkelbraun gefärbt, eine Mischung aus Zuckerhut und Zylinder. Die Künstlerin Yıldız Tüzün schuf diese Skulptur 1995. Auf den ersten Blick kaum zu deuten, oszilliert die seltsame Bodeninstallation zwischen Minimalskulptur und einem Totem-Hain. Was könnte sie mit dem „Wechsel der Geografie“ zu tun haben, auf die die Ausstellung „Shifting Patterns“ im Kunstverein Nord hinauswill, der Galerie des Berliner Bezirks Mitte? Weiterlesen

Erzwungener Präsentismus

berlin viral
“Hast du nicht auch das Gefühl, dass irgendetwas mit der Zeit nicht stimmt?“ Meine Nachbarin schaut mich beim samstäglichen Abstandskaffee auf unserem Wochenmarkt irritiert von der Seite an. „Wie meinst du das?“, fragt sie. „Na ja“, versuche ich zu erklären, „es kommt mir so vor, als ob sie zu einem einzigen Block geronnen ist. Von März bis jetzt, das ist alles wie an einem Stück, ohne Unterbrechung, Strukturierung.“ Weiterlesen

Legendärer Klassiker

Emine Sevgi Özdamars „Das Leben ist eine Karawanserei – hat zwei Türen – aus einer kam ich rein, aus der anderen ging ich raus“ auf der Bühne. Als burleske Nacherzählung im Heimathafen versemmelt
Gastarbeiter. So nannten die Westdeutschen die Arbeitskräfte, die Anfang der 1960er Jahre aus der Türkei und anderen südeuropäischen Ländern zu ihnen kamen. Im Türkischen wurde damals das Wort „Gurbet“ zum Synonym für Deutschland: „Die Fremde“.

Eine der Autor:innen, die die Fremdheitserfahrung dieses mehr oder weniger freiwilligen interkulturellen Austauschs mit am produktivsten verarbeitet hat, ist wohl Emine Sevgi Özdamar. Weiterlesen

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