Das berühmte Hajo-Friedrichs-Zitat vom “nicht gemein machen”, “auch nicht mit einer guten Sache” – in Fachkreisen ist bekannt, dass es verkürzt wurde, aus einem langen Spiegel-Interview von 1995. Friedrichs meinte damit nicht “den” Journalismus, sondern beschrieb seine Rolle als Moderator in einem TV-Studio. Noch heute nutzen minderausgebildete Redaktionen dieses Zitat falsch, um sich herauszureden aus ihrer Haltungs- und Ahnungslosigkeit.
Nun hat sich das Wochenblatt deutscher Studienräte, “Die Zeit“, eine der letzten gedruckten Zeitungen, deren verkaufte Auflage noch nicht schmilzt wie die Gletscher und Eisberge, selbst in exakt diese Verlegenheit gebracht. Es ist eine Schande, aber es gibt aus der Branche immerhin noch Immunreaktionen. Was machen wir nur, wenn Prantl in Rente ist? Bannas ist dort schon.
Kai Schächtele will aufgeben. Bei uebermedien.de schreibt er – und danke, dass es nicht hinter Paywall steht – dass er es leid ist. Ich schrieb hier schon über das thailändische Rettungsmanöver, und Margarete Stokowski hat es als eine der wenigen ohne jeden Zynismus, sondern mit humanem Optimismus eingeordnet. Schächtele muss also nicht verzweifeln, dürfen tut ers aber durchaus.
Marcus Klöckner interviewt bei telepolis den fachkundigen Horst Röper zum Konzentrationsprozess im Zeitungsverlagswesen; niemand weiss darüber besser Bescheid als Röper. Klöckner verschenkt mit seinem Missionarismus, der sein Interview am Schluss regelrecht umkippen lässt, aber Röpers inhaltliches Potenzials. Hätte er sich doch besser im Sinne Friedrichs’ als Interviewer statt als Agitator verstanden. Das ist keine Frage der Haltung, die Klöckners Leser*inne*n bereits bekannt ist, sondern des Handwerks.
Die Sehnsucht nach Haltung findet sich sogar in der Media-Analyse Audio wieder, über die hier der Branchendienst Meedia (Verlagsgruppe Holtzbrinck) referiert. Einziger Verlierer der Inforadioprogramme ist WDR5. Dort scheint Haltung im Programm bekämpft zu werden. Ich kann von mir sagen: in dieser Statistik fühle ich mich mitgezählt.
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