Im einst blühenden, heute etwas scheintot erscheinenden Carta-Blog gibts eine Neuerscheinung. Autorin Gisela Schmalz, einst hier in Bonn Wirtschaftswissenschaften studierend, zog zum Glück für sie hinaus in die Welt und qualifizierte sich. So landete sie u.a. bei Lutz Hachmeisters Institut für Medien- und Kommunikationspolitik. Bei Carta gibt sie einen in meinen Augen politisch vernünftigen Überblick zur Problematik des “Nudging” in Politik und Wirtschaft: “Die Angriffe der »Verhaltensdesigner« auf Freiheit und Demokratie”. Schmalz sieht ähnlich wie ich einen grossen politischen Handlungsbedarf. Wie der Zufall es wollte, hatte ich erst gestern Andreas von Westphalen lobend erwähnt. Der hat schon vor vier Jahren noch ausführlicher als Schmalz auf das Nudging-Ding aufmerksam gemacht. Das Kanzleramt hat entsprechend aufgerüstet um seine Herrschaftstechniken zu perfektionieren; der/die Gesetzgeber*innen hatten “Wichtigeres” zu tun …

Millionäre

Sind Millionäre jetzt “Mittelstand”? Oder liegt es daran, dass Spiegel-Redakteure Millionäre werden, wenn sie nur lange genug Vertrag haben und in Hamburg oder Berlin günstig wohnen können – es muss ja noch was für ein dickes Auto übrigbleiben. Jedenfalls fiel mir beim ehemaligen FAZ-Redakteur und noch ehemaligeren Juso Nils Minkmar auf, dass er jüngst über die SPD halbwegs wohlfeile kritische Weisheiten erneut ausrollte – und dabei stolperte ich über die Stelle, an der er Mitleid mit den gequälten Millionären äussert. Ich bin ja der festen Überzeugung, dass das Sein das Bewusstsein mehr bestimmt als umgekehrt, meistens.
Noch mitfühlender mit den armen Millionärn zeigen sich 3sat und das öffentlich-rechtliche Schweizer Fernsehen SRG. Die haben da eine heisse Kartoffel unter dem Titel “Credit Suisse – Anatomie eines Skandals”. Angucken können Sie und ich das leider, aber zum Glück für alle beteiligten Millionäre, nicht. Es lief heute nacht, als wir alle schliefen (0.30 h), es lief heute mittag, als wir alle in der Kantine waren, und es läuft am 13.12. schon wieder, um 2.25 h. Stellen Sie sich den Wecker? Boxt Muhammad Ali wieder? Ist es eine Mars-Landung? Hauptsache: keine Mediathekverfügbarkeit! Frechheit siegt.

DB-Preiserhöhung

Gähn, warum schreibe ich nicht mal eine Neuigkeit? Weil die Deutsche Bahn derzeit erfolgreich eine Propagandawelle über angebliche Preissenkungen ingang gebracht hat. Im Klimapaket der Bundesregierung ist eine Mehrwertsteuersenkung (also nicht: Abschaffung!) für Bahnfahrkarten versteckt. Die Bahn trötet, der “Supersparpreis”, den ich noch nie im Leben genutzt habe, werde um 2 Euro billiger. Bedeutender für mich ist, dass der ICE-Anteil auf der Strecke Hamburg-Köln von 20 auf 50% erhöht werden soll (ab 15. Dez.). Dazu müssen Sie wissen: der ICE-Tarif liegt signifikant über dem IC-Tarif. Die Fahrtgeschwindigkeit ist dagegen auf dem entsprechenden NRW-Streckenabschnitt gleich. D.h. wir zahlen mehr für gleich wenig Leistung. Es bleibt nur eine Hoffnung: ich löse immer eine Fahrkarte zum IC-Tarif. Angesichts der alltäglichen Verspätungsrealität ist es dem freundlichen Teil des Zugbegleitpersonals in der Regel zu peinlich, den tariflichen ICE-Aufpreis abzukassieren.

Bauern(-deppen)

Im Gegensatz zu mir geht Susanne Aigner/telepolis verständnisvoll mit dem Bauersvolk um, und kommt am Ende aber zum gleichen politischen Ergebnis. Ich gebe zu: so muss frau und mann es machen.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net