Und “Familien”
Was es mit Leuten macht, wenn ihnen der Himmel auf den Kopf fällt, das lässt sich seit Bestehen Deutschlands, also seit 1871, kontinuierlich in Berlin studieren. Dort hat ein windiger Investor hunderte Millionen in einen Fussballverein gepumpt, über den die ortsansässige Heimatzeitung prompt zu dichten wusste: “44 Jahre lang hat Hertha BSC beim FC Bayern nicht gewonnen – also wird es Zeit”. Wirklich bemitleidenswert diese Dorfdeppen. Wenn Sie sich nicht für Fussball interessieren: gestern verloren die zur Abwechslung dann mal 0:5. Bundesligatabelle hier. Immerhin hat das Kaff auch noch einen richtigen “Hauptstadtverein”, draussen in Köpenick. Da muss meine Borussia gleich hin, und ich befürchte das Schlimmste.
Wie komm’ ich drauf? Diese Schlagzeilengebung ist ein klassisches Beispiel für deutschen Provinzialismus. Fachlich keine Ahnung, aber Hauptsache Grosse Schnauze. So ist Berlin, halb so gross wie das Ruhrgebiet. Aber immerhin zehnmal so gross wie Bonn.
Es gibt da eine Stadt in NRW, die ist sogar noch kleiner, und vor allem noch abgelegener: Aachen. Ungefähr so gross wie Bonn ohne Beuel. Und Sie wissen ja: hier kennen sich auch schon alle untereinander. Die “oberen Zehntausend” sind in solchen Fällen weniger, als gewöhnlich auf eine Schule gehen. Die kennen sich nicht nur untereinander, die wissen auch “alles”. Aachen ist genauso abgelegen wie Bielefeld, aber bei weitem noch nicht so gut erforscht.
Wie komm’ ich drauf? Natürlich der absteigende Kanzlerkandidat. Sein Seilschaftenprovinzialismus war mir vorgestern ein weiteres Mal aufgefallen. Seine Eheschliessung, mit einer Frau, die er der von ihr selbst verbreiteten Legende nach als Kind “verprügelt” haben soll, war wahrscheinlich nicht arrangiert, aber hatte doch strategisch recht bedeutsame Mitnahmeeffekte. Denn es gibt, vermute ich, bis heute in Aachen keine einflussreichere Familie als die Familie Malangré. Hier Armins Schwiegerpapa, und hier ergänzend dessen Bruder.
In einer 5-Minuten-Recherche lief ich dann kurzzeitig heiss. Denn im Netz existiert eine ehrenwerte, das meine ich jetzt nicht ironisch sondern ernst, sehr, sehr lange Unterschriftenliste gegen den illegalen Erdogan-Einmarsch in Nordsyrien, viele meiner Freund*inn*e*n darunter, die sowohl eine Dame mit dem Nachnamen Malangré, als auch eine mit dem Nachnamen Thylmann unterschrieben hat.
Wie komm’ ich drauf? Malangré ist katholischer, und mutmasslich bigotter katholischer Stadtadel. Und Fabian Thylmann war über mehrere Jahre der Strohmann des angloamerikanischen Porno-Grosskapitals. Die Malangrés, Laschets und Thylmanns müssten sich von den gleichen Gymnasien kennen – in Aachen gibt es nur 12, davon drei katholische. Porno war für den schlauen Thylmann nur das Instrument, um leider weitgehend “legale” Datenkriminalität zu praktizieren. Herr Thylmann hat sich heute weitgehend von allem freigekauft, von Strafbefehlen (Steuersachen, wie bei Capone und Hoeness) und dem “schmutzigen” Pornogeschäft, und ist jetzt mit dem Waschen des dabei eingenommenen Kapitals ausgelastet. Denn er muss jetzt seinen herangewachsenen Töchtern erklären, wo das Geld her ist. Nicht dass die, wie so viele wohlgeratene Kinder, anfangen, ihre Familiengeschichte selbstständig zu erforschen.
Wie komm’ ich drauf? Deutsche-Bahn-Boss – wie heisst der gleich? – hat soeben kritisiert, dass die GdL mit ihrem Streik den Frieden der “Familie” stört. Wer hat ihm nur zu diesem klassischen Mafia-Topos geraten? Anja Bröker kann es nicht gewesen sein. Die ist zu klug für so einen Unsinn.
Familie: da gibts wohl gerade einen guten Dokumentarfilm über die Familie Sackler, besprochen von Nina Rehfeld/FAZ. Vier Stunden, wow. Bei Amazon, für mich ein No-Go. Der Regisseur baute den Film auf einer Recherche der Washington Post auf. Was für ein Zufall: die gehört dem gleichen Milliardär wie Amazon. Ich vermute, der Film ist dennoch aufklärerisch und sehenswert. Es wird sicher bald illegale Kopien davon geben. Ich kenne da einen Dealer, ganz opioidfrei.
Noch was zu Aachen: Extradienst-Autor Heiner Jüttner ist auch von da. Ich wARTE jetzt noch auf seine grosse Enthüllungsstory. Heiner macht es ja leider immer so sachlich 😉

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net