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Lawrow und die Toten von Butscha

Angesichts Lawrows Aussage, bei den Toten in den Strassen von Butscha handele es sich um eine ukrainische Inszenierung, kommen mir ganz dunkle historische Erinnerungen. Bis 1990 hat die Sowjetunion abgestritten, etwas mit dem Massaker an Angehörigen der polnischen Eliten in Katyn zu tun gehabt zu haben (nicht zu verwechseln mit den Opfern im von den Nazis vernichteten Dorf Chatyn bei Minsk). Die Toten von Katyn sollen nach sowjetischer Lesart ebenfalls Opfer des NS gewesen sein. An dieser Lüge hielt man 50 Jahre lang fest. Erst Gorbatschow und dann Jelzin gaben zu, dass die Massenmorde in Katyn eine Aktion des NKWD gewesen sind.

Die unabhängigen Untersuchungen in Butscha werden hoffentlich bald die genauen Abläufe ans Tageslicht bringen. Inzwischen werden Satellitenbilder ausgewertet, die zeigen, dass viele Tote bereits länger in den Strassen der besetzten Stadt lagen. Es ist inzwischen auch bekannt, welche russische Einheit genau sich in Butscha befand und wer ihr namentlich angehört. Wir werden also sehen, was die Untersuchungsberichte sagen.

Dass die russische Seite ohne weitere Belege behauptet, nichts mit den offensichtlichen Verbrechen an den Bewohnern eines von ihr überfallenen und besetzten Ortes zu tun zu haben und alles nur Feindinszenierung sei, erinnert jedenfalls sehr an Berija und Konsorten. Mit dem Unterschied, dass die sich mit ihren Lügen sehr viel mehr Mühe gaben. Es ist bedrückend, dass es einige Zeitgenossen die Lawrow-Geschichten jetzt einfach nacherzählen.

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Über Reinhard Olschanski / Gastautor:

Geboren 1960, Studium der Philosophie, Musik, Politik und Germanistik in Berlin, Frankfurt und Urbino (Italien). Promotion zum Dr. phil. bei Axel Honneth. Diverse Lehrtätigkeiten. Langjährige Tätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Referent im Bundestag, im Landtag NRW und im Staatsministerium Baden-Württemberg. Zahlreiche Veröffentlichungen zu Politik, Philosophie, Musik und Kultur. Mehr über und von Reinhard Olschanski finden sie auf seiner Homepage.

3 Kommentare

  1. A.Holberg

    Nocheinmal: Nicht nur, aber besonders, im Krieg gehört das Lügen zum Kerngeschäft. Über die Ereignisse in Butscha wissen wir verlässlich bislang so wenig, dass sogar unsere Systemmedien (MSM) ungewöhnlich zurückhaltende Formulierungen gefunden haben. Vermutlich wird man die Wahrheit wie üblich erst lange Zeit später erfahren (wie z.B. auch die über die “Massenvernichtungswaffen” Saddam Husseins). Herr Olschanski glaubt der offiziellen ukrainischen Darstellung – oder genauer: der offiziellen Darstellung der aktuellen ukrainischen Regierung- , wobei selbst diese zu genauen internationalen Untersuchungen des Falles aufruft, was ja nicht nötig wäre, wenn die Sache völlig eindeutig wäre. Herr Olschalski hat natürlich das Recht zu glauben, was er will, es sei denn er schließt aus seinem zweifellos gutgemeinten Glauben, dass “wir” wegen eines von wem auch immer begangenen Kriegsverbrechens einen Atomkrieg beginnen müssten, wie das in der Tat schon einige Propagandisten aus seinem Lager tun. Weil sich die Geschichte über die irakischen Massenvernichtungswaffen glücklicherweise als eine Kriegslüge unserer demokratischen liberalen Freunde in Washington erwiesen hat, konnten die Iraker und später die Syrier auf die Massenmorde der US-Streitkräfte in Baghdad, Falludja, Mossul oder Rakkah mit einer der nun von “unseren” liberalen Demokraten angeregten Antwort glücklicherweise nicht reagieren.

  2. Reinhard Olschanski

    Lieber Herr Holberg, Russland überfällt sein Nachbarland und pflastert die Landschaft mit Leichen, hunderte von Journalisten und forensische Ermittlungsteams aus aller Welt berichten darüber – und Sie halten das alles für ukrainische „Propaganda“? Ich bin schon fassungslos, wie man das ohne alle eigenen Evidenzen – und bei inzwischen erdrückenden Gegenevidenzen behaupten kann. Und ich frage mich auch, warum sich Stalins Schergen bei den Schauprozessen 1936-38 so viel Mühe geben mussten, um ihre Lügen dem Publikum zu verkaufen, wenn alles doch auch viel einfacher geht? Lawrow muss sich einfach nur hinsetzen und sagen: „Alles Propaganda“, und eine willige Schar auf der ganzen Welt spricht es ihm nach. Weia. Hier ein guter Überblick über den Stand der Dinge von heute Morgen aus dem „Volksverpetzer“: https://www.volksverpetzer.de/ukraine/bucha-leichen/

  3. A.Holberg

    Es ist bezeichnenf, dass Herr Olschanski auch hier wieder ohne den Versuch suskommt, auch nur eien Punkt meines Kommentars sachlich zu beantworten. Es genügt ihm, auf die von mir selbstvrrständlich gar nicht geleugnete Wahrheit hinzuweisen, dass mit aller Wahrscheinlichkeit auch die Gegenseite Propagandalpgen verbreitet. Das wiederum scheint ihn zu berechtigrn zu fordern, dass man alle Behauptungen des NATO/Ukraine Lagers wohlemut glaubt. Earum sollte man? Was “Butscha” anbelangt, erlaube ich mir auf kritische Artikel in ‘Junge Welt”, “Consortium News” oder ‘Grayzone” hinzuweisen. Dort wird wohlbemerkt nicht behauptet, dsss man die Wahrheit kenne, sonder lediglich auf auffällige Ungereimtheiten der hiesigen Kriegspropaganda hingewiesen. Niemand, der sich in die Diskussion um solche unser Aller Leben bedrohende Krisen einmischt, sollte nicht leichtggläubig sein und die immer wieder empirisch belegte Wahrheit des Satzes “Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit” missachten.

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