Natürlich bin ich nicht in Jubel ausgebrochen, als ich mir Joe Bidens Video zu seiner Kandidatur angesehen habe, obwohl er kein Wort so oft benutzt hat wie das Wort „freedom“ – 6 mal. Immerhin das zentrale Motiv liberaler Politik. Wie so oft in der Politik stellt sich hier die Frage nach den Alternativen. Und die heißt Donald Trump, der nicht nur ein korrupter Frauenverächter und Rassist, sondern ein unerträglicher Narzisst ist, dem alles andere ziemlich egal ist, die Demokratie mit ihren Freiheitsrechten, die soziale Gerechtigkeit, der Rechtsstaat, die Zukunft unseres Planeten.

Ich bin in 1968 in Santa Barbara als Austauschschüler ein Jahr zur Schule gegangen, habe ein paar wirklich gute Freunde gewonnen und später viele berufliche Kontakte in die amerikanische Kommunalpolitik gepflegt. Die Jahreskongresse der ICMA (International City- and County Management Association) waren immer menschlich und professionell eine große Bereicherung. Ich gebe zu, mein emotionales Verhältnis zu den USA hat sich seit der Politik der Bush- (Vater und Sohn) Administrationen erheblich abgekühlt.

Darunter haben auch persönliche Beziehungen gelitten. Die Ambivalenz meines Verhältnisses zu den USA ist heute größer denn je. Trotzdem setze ich auf Joe Biden und Kamala Harris, die ersichtlich ab sofort eine wichtigere Rolle spielen wird. Sie wird stehen gegen den Rollback in Sachen Abtreibungsrecht und Freiheitsrechte. Spannend wird sein, wen Joe Biden noch in sein Team holt, um sein Freiheitsversprechen glaubwürdiger zu machen.

Joe Bidens Politik im Ukraine Krieg ist ziemlich unerträglich, Trump als Kriegspräsident wäre jedoch ein nicht kalkulierbares Risiko. Trump wäre eine Katastrophe für den Klimaschutz und ein fatales Signal an die Autokraten der Welt. Biden scheint zumindest begriffen zu haben, worum es es geht. Aber jetzt geht es ja erst einmal nur um die Nominierung. Gewählt wird später. „Let`s finish the job“ ist nun gerade zwar nicht ein sehr zukunftsgerichteter Slogan. Bis zum Wahltag in 2024 dürften die Aussichten jedoch klarer werden, denn keine der globalen Herausforderungen wird bis dahin von alleine kleiner werden.

Über Dr. Hanspeter Knirsch (Gastautor):

Der Autor ist Rechtsanwalt in Emsdetten und ehemaliger Bundesvorsitzender der Deutschen Jungdemokraten. Er gehörte in seiner Funktion als Vorsitzender der Jungdemokraten dem Bundesvorstand der F.D.P. an und war gewähltes Mitglied des Landesvorstands der F.D.P. in NRW bis zu seinem Austritt anlässlich des Koalitionswechsels 1982. Mehr zum Autor lesen sie hier.

Sie können dem Autor auch im Fediverse folgen unter: @hans.peter.knirsch@extradienst.net