Beueler-Extradienst

Meldungen und Meinungen aus Beuel und der Welt

Schlagwort: Hans Dietrich Genscher (Seite 1 von 4)

Der Handlungsfähige

Vorweggeschickt: Britannien ist eine koloniale Mittelmacht, Atommacht dazu. Erst vor wenigen Tagen lernte ich, dass Letzteres von den Wartungs- und Reparaturarbeiten in den USA abhängt. Autonomie ist was anderes. Und Premierminister Keir Starmer, der Jeremy Corbyn als Labour-Parteichef ziemlich erfolgreich abgesägt hat, ist weit davon entfernt, eine auch nur annähernd ähnliche gesellschaftliche Mobilisierung auszulösen oder gar anzuführen. Wahrscheinlicher ist, dass er den Weg der lahmen Enten von Frankreich und Deutschland, Emmanuel Macron und Olaf Scholz, in Kürze vor sich hat. Umso mehr Respekt habe ich. Weiterlesen

Baerbocks und Merz’ gemeinsames Waterloo?

Der deutsch-iranische Aktivist Jamshid Sharmahd ist tot. Hingerichtet vom Mullah-Regime in Theheran nach einem Schauprozess, in dem er als angeblicher Spion verurteilt wurde. Der iranische Geschäftsträger in Berlin wurde ins Auswärtige Amt einbestellt und, so hieß es in der Hauptstadtpresse,  parallel dazu habe auch der deutsche Botschafter beim iranischen Außenminister in Teheran gegen die Ermordung protestiert. Außenministerin Baerbock habe den deutschen Botschafter zu Konsultationen nach Berlin zurückberufen. Soweit die menschenrechtliche und feministische Aussenpolitik Annalena Baerbocks. Weiterlesen

Bundeswehr nach Nahost?

Die extrem angespannte Lage im Nahen Osten hat dieser Tage immer wieder zu Meldungen und Forderungen nach einem Engagement der Bundeswehr geführt. Zuletzt hat der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, die Bundesregierung aufgefordert, Israel im Falle einer Eskalation des Nahost-Konflikts und eines massiven Angriffs aus dem Iran militärisch zu unterstützen. “Die historische  Verantwortung Deutschlands für die Sicherhheit Israels ist zwar nicht rechtlich bindend”,  sagte er dem Redaktionsnetzwerk RND, “aber aus meiner Sicht bedeutet das natürlich, dass Deutschland im Falle eines Angriffs in der Größenordnung, wie er aktuell droht, auch militärisch an der Seite des jüdischen Staates steht.” Weiterlesen

Der Sozialliberale

Günter Verheugen wird heute 80

Seine außergewöhnliche Karriere begann 1960 im Brühl bei Köln mit dem Beitritt zu den “Deutschen Jungdemokraten”, damals parteiunabhängige Jugendorgasnisation der FDP. Sie hätte fast am 17.Juni 1961 geendet, als die rheinischen Jungdemokraten per Busladung zum Herrmansdenkmal bei Detmold gekarrt wurden und dort anlässlich des “Deutschlandtages” eine “wilde nationalistische Rede- reiner Revanchismus”, so Verheugen, des damaligen FDP-Parteivorsitzenden Erich Mende anhören mussten. Als der 17-jährige zu seinen Mitstreiter*inn*en sagte: “Ich glaube, wir sind hier auf dem falschen Dampfer – gehen wir lieber ein Bier trinken” – hätte die Geschichte geendet – wäre da nicht ein gewisser Gerhart Baum gewesen, Kreisvorsitzender der Jungdemokraten in Köln, der ihn um ein Gespräch bat, bevor er den Jungdemokraten den Rücken kehre. Weiterlesen

Kissinger – Ein verklärter Verbrecher?

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock schreibt zum Tode von Henry Kissinger: “In Deutschland geboren, von den Nazis vertrieben, zum US-Außenminister ernannt und mit dem Friedensnobelpreis geehrt: Mit Henry Kissinger ist eine Jahrhundertgestalt der internationalen Politik von uns gegangen.” Schon peinlich, dass gerade Baerbock, die sich für menschenrechtliche, gar feministische Außenpolitik aufplustert, einem realpolitischen Macchiavellisten derartig verklärt. Weiterlesen

Hier sind die Guten

Best of 14. Juli 2023: Frankreich, Interviews, Liu, Russland

Haben Sie, wie ich, 2017-19 auf ZDFneo “Orange Is The New Black” gesehen? Wenn nein, können Sie hier lesen, was sie verpasst haben: Dierk Saathoff/Jungle World: “Vor zehn Jahren startete »Orange Is the New Black«: Als würde man Dickens lesen – Die Serie »Orange Is the New Black«, die sieben Staffeln lief, erzählte die Geschichte eines Frauengefängnisses – und nutzte dabei Realismus statt Phantasie und Humor statt Belehrungen.” Was dieser Autor schreibt, stimmt alles. Ein Lehrstück für systemkritische Kunst unter den real existierenden herrschenden Produktionsverhältnissen. Weiterlesen

Niemand plant, eine Mauer zu bauen!

Seit Monaten kündigt die Ukraine eine “Frühjahrsoffensive” an, die die entscheidende Wende im Ukrainekrieg bringen soll. Der Westen unterstützt diese Ankündigungen ideologisch und materiell. Bachmut wird – was die Todesopfer anbelangt – zum Symbol eines modernen Stalingrad. Die Russen versichern, dass sie auch den letzten Wohnblock in der Vorstadt erobert haben, den bisher noch ukrainische Truppen kontrollierten –  Selenskyj und die Ukraine versichern, dass dies nicht der Fall sei, man halte irgendwo noch einen Häuserblock. Niemand kann das überprüfen, weil nirgendwo soviel gelogen wird, wie im Krieg. Es ist aber auch völlig irrelevant, denn die Opfer auf beiden Seiten sind sicher vielfach so hoch, wie offiziell gemeldet. Weiterlesen

Absurde Einseitigkeit

Ein Jahr nach dem völkerrechtswidrigen Überfall Putins auf die Ukraine mutet ein Blick auf die veröffentlichte Meinung und auf die Vorgänge bei den verschiedenen, am Wochenende angekündigten Demonstrationen seltsam an. Dazu die mediale Begleitmusik quasi im Gleichschritt mit der herrschenden Meinung: “Putin ist das Böse an sich, wir sind die Guten und im Alleinbesitz der Wahrheit, haben recht, weiter so mit dem Krieg!” Keine Minute innehalten, keinerlei Nachdenklichkeit, keinen Zweifel  aufkommen lassen, mit der ideologischen Keule der “Russlandversteher” oder bestenfalls “nützlichen Idioten Putins”  alles diffamieren, was nicht der Meinung der Bundesregierung, der Leitmedien und der CDU/CSU-“Opposition” entspricht. Weiterlesen

Vermächtnis einer Pazifistin

„Was ich noch zu sagen hätte“ – Die ehemalige Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages kritisiert die Grünen dafür, dass sie sich vom Pazifismus abgewendet haben. Im Essay formuliert sie ihr politisches Fazit. Ein Gastbeitrag (zuerst erschienen in der Berliner Zeitung).

Ich stand auf dem Bahnhof meiner Heimatstadt und wartete auf den ICE. Plötzlich näherte sich auf dem Nebengleis ein riesiger Geleitzug, vollbeladen mit Panzern – mit Mardern, Geparden oder Leoparden. Ich kann das nicht unterscheiden, aber ich konnte geschockt das Bild lesen. Der Transport fuhr von West nach Ost.

Es war nicht schwer, sich das Gegenbild vorzustellen. Irgendwo im Osten des Kontinents rollten zur gleichen Zeit Militärtransporte voller russischer Kampfpanzer von Ost nach West. Sie würden sich nicht zu einer Panzerschlacht im Stile des ersten Weltkrieges irgendwo in der Ukraine treffen. Weiterlesen

Macht der Chef Diplomatie jetzt selbst?

Bundeskanzler Olaf Scholz hat in einer arbeitsintensiven diplomatischen Reise die wichtigsten südamerikanischen Staaten und Freunde besucht. Argentinien, Brasilien und Chile sind nicht nur ökonomisch wichtige Partner – sie sind auch lange von Deutschland nicht gerade vorrangig behandelt worden. Das hatte zum Teil seine guten Gründe, denn nicht zuletzt das rechtspopulistische Bolsonaro-Regime hat mit Regenwaldzerstörung und Korruption die Bereitschaft der EU zur Kooperation auf eine harte Probe gestellt. Weiterlesen

Mit Rettungsschirm gerettet

Am 1. Januar hat Kroatien den Euro eingeführt. Nunmehr haben 20 Mitgliedstaaten der EU diese Währung, 7 EU-Staaten nicht (Bulgarien, Dänemark, Polen, Schweden, Rumäni­en, Tschechien und Ungarn). Aufgrund besonderer Abkommen gilt der Euro auch in den Kleinstaaten Andorra, Monaco, San Marino und Vatikan sowie in den überseeischen Ge­bieten der Euro-Staaten. Montenegro und Kosovo sind nicht EU-Mitglied, aber Euro-An­wender.

Norwegen und die Schweiz sind nicht der EU beigetreten und verwenden auch nicht den Euro. Geschadet hat es aber offenbar nicht. Weiterlesen

Die Causa Baerbock

Nein, es war kein „blöder Versprecher“, wie Paul-Anton Krüger in der Süddeutschen Zeitung vom Wochenende schreibt, als Annalena Baerbock auf einer Tagung des Europarats am Dienstag dieser Woche sagte: „We fight a war against Russia.“ Es war natürlich auch keine Kriegserklärung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber Russland. Dazu fehlt ihr jegliche Kompetenz. Das wissen die Russen gottseidank auch. Annalena Baerbock kommt ja aus dem Völkerrecht und weiß daher, was die Aufgabe von Diplomatie ist. Weiterlesen

Kaprizierungen

Alexander Graf Lambsdorff gibt im Handbuch des Bundestages „Diplomat“ als Beruf an. Als Angehöriger des Auswärtigen Amtes war er in Bonn, Berlin und Washington tätig, ehe er für die FDP 2004 in das Europa-Parlament und 2017 dann in den Bundestag gewählt wurde. Lambsdorff, Neffe des früheren FDP-Vorsitzenden und Wirtschaftsministers Otto Graf Lambsdorff, war in den Medien ein gefragter Mann. Viele Interviews zu internationalen Fragen und zur deutschen Außenpolitik gab er – kenntnisreich, abgewogen und prononciert zugleich. Er war das außenpolitische Sprachrohr der FDP, zumal nach dem Ausscheiden von Guido Westerwelle aus dem Amt des Bundesaußenministers. Stellvertretender Fraktionsvorsitzender wurde er auch. Weiterlesen

Besetzt

Feministische Außenpolitik, der von Annalena Baerbock zwar nicht erfundene, aber popularisierte Begriff, ist hinreichend provozierend, unbestimmt und hilfreich zugleich. Ihre Partei ist begeistert, und – nicht zuletzt – werden Gegner von Medienleuten bis Friedrich Merz in Wallung gebracht. Weiterlesen

Altlasten

Wer den Verkrustungen zwischen SPD und FDP und auch denen von FDP und Grünen nachspüren will, sollte sich den Ereignissen vor 40 Jahren zuwenden. Am 17. September 1982 zerbrach in Bonn die sozialliberale Koalition. Die Regierung von SPD und FDP, von Willy Brandt und Walter Scheel, die 1969 das Ende der Ära Adenauer markierte und die mit überbordendem „Mehr Demokratie wagen“ startete, war nach langen Querelen nicht mehr lebensfähig. Differenzen in der Wirtschafts- und Haushaltspolitik, innerparteiliche Auseinandersetzungen über Außen- und Sicherheitspolitik (Stichwort: Nato-Doppelbeschluss) verstärkten das persönliche Misstrauen zwischen den Leuten an der Spitze – zwischen Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) und Außenminister Hans-Dietrich Genscher, dem FDP-Vorsitzenden. Weiterlesen

Kommunikationskompetenz

Was kann Gerhart Baum, was alle andern nicht können?

“Politik ist die Kunst der Kommunikation.” Diesen intellektuell wahrlich nicht überambitionierten Satz prägte eine Freundin von mir, die eine PR-Agentur für Politik und NGOs betreibt. So einfach dieser Satz ist, so selten ist seine Feststellung in der Praxis zu entdecken. Und nun der Vergleich zwischen 1972 und heute. Die deutschen Medien sind heute voll mit Erinnerungen an das Olympiaattentat 1972 in München. Ich war 15, und habe darum nicht viel Erhellendes dazu beizutragen. Dennoch: die bis heute anhaltende deutsche Peinlichkeit hatte Wurzeln in der damaligen Politik. Das grosse Rätsel ist geblieben, warum niemand ausser einem 89-jährigen Fähigkeit und Kompetenz zeigte, das adäquat zu bearbeiten. Weiterlesen

Nukleares Kamikaze wieder da!

Wer kennt sie nicht, die amerikanischen Filmstreifen aus dem Kalten Krieg? “Duck and Cover” – was haben wir in der Friedensbewegung gelacht über diese absurden, die Gefahren des Atomkriegs verharmlosenden Streifen. Ich erinnere noch das “ABC-Handbuch” meines Bruders, der 1962 – anders als ich 1974 – nicht verweigerte, sondern bei der Bundeswehr Grundwehrdienst ableistete. Ein Feldrain, eine Mauer und noch besser eine Abdeckung aus Wellblech wurden da ernsthaft als Lebensrettend gegen den Atomblitz dargestellt. Die Kubakrise war allgegenwärtig, seitdem bevorrateten meine Eltern Konserven für 14 Tage – bis zu ihrem Lebensende. Weiterlesen

Hundertvier Tage Krieg – wie lange noch?

Was ist eigentlich das genaue aktuelle Kriegsziel der Ukraine, für das sie von der EU und den USA unterstützt wird? Ist es die Selbstverteidigung der Ukraine, um möglichst den Preis für den Aggressor hoch zu treiben, und ihn zu Verhandlungen und zu einem Waffenstillstand zu zwingen? Geht es noch um die Vorschläge von Präsident Selenskij, der eine Neutralität der Ukraine und einen Kompromiss in Sachen Donezk und Luhansk angeboten hat? Weiterlesen

Datendiebstahl beim Zeitungsabo

Auch Bonn betroffen / Und: wer die Betrachtung “multipolare Welt” erfunden hat

Markus Beckedahl, Mitbegründer von netzpolitik.org und re:publica-Organisator hat oft in seinen zahlreichen Medieninterviews darauf hingewiesen: deutsche Zeitungsverlage, die gerne über asoziale Netzwerke und US-amerikanische Digitalplattformen zu krakeelen belieben, um sich anschliessend von ihnen alimentieren zu lassen, sind keinen Deut “besser”, was ihre Datengier betrifft. Während sie ihre immer karger werdenden journalistischen Inhalte hinter Paywalls vermauern, rauben sie ihre digitalen Leser*innen nach Strich und Faden selber aus. Weiterlesen

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