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CDU/CSU spielen weiter die AfD-Karte

Die gestern beschlossenen Maßnahmen gegen Asylbewerber und Flüchtlinge sind nicht menschenwürdig, rechtstaatlich mehr als zweifelhaft und altbekannte, längst gescheiterte Schikanen und für Integration völlig ungeeignete Maßnahmen. Der Versuch des Bundeskanzlers, daraus einen “historischen Kompromiss” zu machen, wurde sogleich von der Union konterkariert, der es jenseits der sachlichen Bewertung der Vorschläge offensichtlich ausschließlich um die Fortsetzung der Strategie geht, die Bundesregierung mit Forderungen der AfD unter Druck zu setzen.

Mischung aus Diskriminierungen und Placebos

Die Einzelvorschläge sind ein Mischung aus Bekanntem und Unwirksamem sowie einem Teil unsinniger Diskriminierungen. Der einzig greifbare Punkt ist die Erhöhung der Bundespauschale von 7.500 € (bisher 5.000 €) pro Jahr und Flüchtling. Sie wird den Kommunen Entlastung bringen, wenn sie damit sinnvoll und kreativ wirtschaften. Inakzeptabel sind Regelungen, die etwa erst nach 36 Monaten Zugang zu medizinischer Versorgung gewähren. Was sollen traumatisierte Folter- und Vergewaltigungsopfer oder etwa Diabetiker unter den Flüchtlingen bis dahin tun? Die Beschleunigung der Asylverfahren wäre von allen Seiten zu begrüßen, wenn sie nicht mit einer Rechtsverkürzung einhergeht. Deshalb sind Asylverfahren in Drittländern etwa des Mahgreb oder in Drittstaaten ein völlig absurdes Unterfangen, was die praktische Umsetzung angeht – und rechtsstaatlich schlicht verfassungswidrig. Nichts anderes, als  die 2001 von Otto Schily angedachten Asyl-Enklaven in Nordafrika.

Vergeblicher Verwaltungsaufwand und Bürokratie

Die von der FDP als besondere Errungenschaft eingeführte “Bezahlkarte” wird nicht nur dauern und wieder zu Stress zwischen Bund und Ländern führen, weil der Bund sie einführen soll. Die einzigen Profiteure werden die IT-Unternehmen sein, die sowas herstellen, wie Arvato, T-Systems oder – wenn es sie noch gäbe – Wirecard. Die Kommunen kennen diesen Quatsch schon von den “Gutscheinlösungen” der 90er Jahre, die bürokratisch, aufwändig, Kostenintensiv und nutzlos waren. Wie diese werden die neuen, teureren Hürden wieder unterlaufen werden, kaufen Flüchtlinge etwa für Nachbarn ein und lassen sich das Geld bar erstatten, um es nach Hause zu schicken. Die bürokratischen Hürden der Migrationsignoranten ändern  nichts an den Fluchtursachen und Migrationsgründen.

Auf aktuelle Probleme ist niemand eingegangen

Die Hauptgruppen der Flüchtlinge sind nach wie vor 1. Syrer, 2. Afghanen, 3. Türken. Sie stellen über 2/3 der Flüchtlinge in Deutschland. Georgien zum “sicheren Drittland” zu erklären ist genauso unwirksam, wie dieselbe Behandlung der Mahgrebstaaten. Aus Georgien kommt fast niemand und aus den Mahgrebstaaten kommen auch wenige Staatsbürger – nur Personen, die die Fluchtroute benutzen, aber aus dem Sahel oder religiösen Kriegszonen wie Mali etc. kommen – allerdings werden verfolgte Minderheiten wie Yeziden, Aleviten, sowie LGBTQ-Personen als Einzelschicksale Opfer der Regelungen sein. Dieselben Mahgrebstaaten als Transitländer mit in die Haftung zu nehmen ist schon in Tunesien krachend gescheitert und droht in Marokko ebenso im Sand zu verlaufen.

Vielleicht diplomatische Offensiven in den drei größten Herkunftsländern?

Ex-Präsident Gauck hat vor einigen Tagen von “unbequemen Denkmodellen und  Lösungen” – allerdings zulasten der Flüchtlinge fabuliert. Wäre es nicht viel intelligenter, angemessener und diplomatisch vielleicht erfolgreicher, wenn sich die Außenministerin zusammen mit Migrationsexperten Strategien überlegen würde, mit diesen Herkunftsländern zu sprechen und Ansatzpunkte zu finden, zu einer Entspannung der innenpolitischen Situation beizutragen? Sind nicht auch Lösungen denkbar, bei denen nicht die Betroffenen und Minderheiten verlieren, sondern die Despoten und Diktatoren vom Schlage Assad, Erdogan und den Taliban? Statt denen Zugeständnisse machen, weil sie alle drei mit dem Rücken zur Wand stehen? Zugegeben ekelhaft, aber vielleicht erfolgreichere Realpolitik statt deklamatorische “feministische Außenpolitik“?

Über Roland Appel:

Roland Appel ist Publizist und Unternehmensberater, Datenschutzbeauftragter für mittelständische Unternehmen und tätig in Forschungsprojekten. Er war stv. Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und Bundesvorsitzender des Liberalen Hochschulverbandes, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP bis 1982. Ab 1983 innen- und rechtspolitscher Mitarbeiter der Grünen im Bundestag. Von 1990-2000 Landtagsabgeordneter der Grünen NRW, ab 1995 deren Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Radikaldemokratischen Stiftung, dem Netzwerk ehemaliger Jungdemokrat*innen/Junge Linke. Er arbeitet und lebt im Rheinland. Mehr über den Autor.... Sie können dem Autor auch im #Fediverse folgen unter: @rolandappel@extradienst.net

Ein Kommentar

  1. Martin Böttger

    Wenn ich hier lese, wie elementare Menschenrechte und traumatisierte Flüchtlinge für was instrumentalisiert werden
    https://www.fr.de/politik/merz-scholz-union-intrige-migration-gipfel-bund-laender-wuest-fluechtlinge-kommission-92661164.html
    dann bekomme ich fundamentale Verdauungsprobleme. Und die genannten Akteure, insbesondere auch die publizistischen, sollten sich schämen gehen. Alle.

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