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Der Mann aus Birkesdorf

Manches ist so bekloppt, das könnte aus einer Karnevalssitzung stammen. Zum Beispiel der Vorschlag des neuen Bundesgesundheitsministers, Karl Lauterbach, den Karneval in den Sommer zu verlegen. Dieser Vorschlag veranlasst mich zu der Randbemerkung, dass ich lieber von “Klabauterbach” rede, eine Namensvariante, die von Friedrich Küppersbusch stammt und für die er höchste Auszeichnungen verdient. Ich finde, diese Namensvariante passt zu dem Gesundheitsökonom – also einem Fachmann für den geschäftlichen Teil der Gesundheitspolitik.

Lauterbach ist übrigens in Birkesdorf geboren, also dort “wo der Bauer auf der Hochzeit tanzt”, wie wir von den Bläck Fööss erfahren konnten. Songtext von Bläck Fööss: Buuredanz Lyrics (songtexte.com). Das mit dem “Sommer Karneval” hat er natürlich nicht in einem Bundestagsausschuss vorgeschlagen, sondern in einem Fernseh-Interview. Wo sonst?
Aus den Niederungen der Politik hält sich Lauterbach weitgehend raus. Da hat er seine Leute für. Was bereits zu Ärger geführt hat. Zum Beispiel, als er sich im Bundesrat, wo er seine Corona-Maßnahmen erläutern sollte, entschuldigen ließ, wegen dringender Termine, um dann zum Zeitpunkt der Bundesratssitzung, bei einem Fernseh-Interview gesichtet zu werden. Die Sitzungsvertretung im Bundesrat übernahm die Frau mit medizinischen Fachkenntnissen in der Leitungsebene des Gesundheitsministerium, die praktische Ärztin Sabine Dittmar. Sie ist Parlamentarische Staatssekretärin in dem noch von Lauterbach geführten Ministerium, und war zuvor Gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion.
In Berlin werden angeblich schon Wetten darüber abgeschlossen, wie lange der “Talkshow-Mann” Minister bleiben wird.

Offener Brief vom Karnevalspräsidenten

In dem Offenen Brief an den “lieben Herrn Lauterbach” schreibt der Präsident des Festkomitees Kölner Karneval, Christoph Kuckelkorn:
“Es ist schade, wie wenig Sie als Rheinländer über den Karneval wissen. Sonst würden Sie sich nicht öffentlich eine Verlegung der Karnevalsaktivitäten in den Sommer wünschen. Der Karneval ist ein Fest im Jahreskreislauf wie Weihnachten oder Ostern. Niemand würde ernsthaft fordern, alle weihnachtlichen Feiern vom Weihnachtsmarkt über die Christmette bis zu den Treffen im Familienkreis auf den Sommer zu verlegen – selbst in Pandemiezeiten nicht.
Als Abgeordneter aus dem Wahlkreis in Köln und Leverkusen sollte man übrigens auch wissen, dass der rheinische Karneval als immaterielles Kulturgut der Bundesrepublik Deutschland anerkannt ist. Und zwar zurecht, denn unser Brauchtum besteht eben aus viel mehr als wilden Partys und zügellosem Alkoholkonsum. Ja, beides gibt es auch und beides passt nicht zur Pandemiesituation – das ist völlig unstrittig. Aber der Karneval gibt den Menschen auch Hoffnung und Zuversicht. Schauen Sie mal in die Schulen, die Kitas, die Krankenhäuser, die Altenheime! Dort erleben Sie, wie Menschen den Karneval im Herzen tragen – und gleichzeitig überaus verantwortungsvoll mit der pandemischen Lage umgehen.”

Im weiteren Text wird auch auf die wirtschaftliche Bedeutung des Karnevals näher eingegangen. Schließlich ist der neue Bundesgesundheitsminister von seiner beruflichen Laufbahn weniger Mediziner als vielmehr Gesundheitsökonom. Lauterbach war von Juli 2001 bis Juni 2013 Mitglied des Aufsichtsrats der Rhön-Klinikum AG, einem der großen Klinikkonzerne in Deutschland. Hierbei geriet er in die Kritik, da der Rhön-Klinikum AG 2013 die Ausbeutung der Putzkräfte und Unterlaufen des Mindestlohns vorgeworfen wurde, in der Zeit, in der Lauterbach im Aufsichtsrat saß.
Er forderte noch Mitte 2019 die Schließung jeder zweiten oder dritten Klinik in Deutschland. Das würde eine „bessere Versorgung“ bringen. Was nicht weiter erstaunlich ist, denn als Wissenschaftler ließ sich Lauterbach in den Jahren zuvor nicht etwa von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung, sondern von der CDU-nahen Konrad Adenauer Stiftung fördern.

In Wikipedia heißt es zu Lauterbach weiter: “1996 beauftragte die Universität zu Köln Lauterbach als neu berufenen Professor mit der Gründung ihres Instituts für Gesundheitsökonomie, Medizin und Gesellschaft (IGMG), das seinen Betrieb Ende Februar 1997 aufnahm. 1998 wurde er Direktor dieser Einrichtung, inzwischen umbenannt in Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie (IGKE). Dort ist er wegen seines Bundestagsmandats beurlaubt. Von 1999 bis zur Wahl in den Bundestag im September 2005 war Lauterbach Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen. 2003 war er Mitglied in der Kommission zur Untersuchung der Nachhaltigkeit in der Finanzierung der Sozialen Sicherungssysteme („Rürup-Kommission“)”
Das war eine Versammlung von Geschäftemachern, die sowohl das Gesundheitssystem wie auch die Rente den Bedürfnissen der Versicherungswirtschaft angleichen wollte. Das wirft für mich die Frage auf: wie viel Spahn steckt in Lauterbach?

3 Kommentare

  1. Yvonne Jekat

    Sehr treffend!
    Dem Gesagten kann ich als Bönnsch Mädsche und Fastelovendsjeck nur zustimmen.

  2. Rheinländer im Exil

    Lauterbach hat Recht!
    Zum einen frage ich mich, seit ich das erste Mal als Kind im Cowboy-Kostüm frierend Karneval feiern musste, warum diese Fest nicht zu wärmeren Jahreszeiten begangen wird. (Neidvoll schaue ich seither immer nach Rio de Janeiro….)
    Zum anderen wäre es nicht das erste Mal, dass Karneval verschoben wird: der Düsseldorfer Umzug musste mal wegen starker Frühjahrstürme in den Mai verlegt werden – der Stimmung tat das keinen Abbruch.
    Karneval im Sommer – ich bin dabei!

  3. Der Maschinist

    Und wer hat’s erfunden? Brakelmann! https://ardmediathek.de/video/
    Guten Rutsch allerseits!

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